Des Kochens Krone aber ist die Wurst. Sie ist das eingelöste Heilsversprechen, dass am Ende wirklich alles gut wird, und der Beweis, dass es kein schlechtes Fleisch gibt – bloß unpassende Zubereitung", habe ich vor einiger Zeit ein wenig pathetisch nach dem Bratwurstmachen am Michlits'schen Hof geschrieben. Das stimmt so nicht ganz. Noch mehr als für die Wurst gilt das nämlich für ihre elegante Schwester, die Pastete.

Wenig erfüllt den um Nachhaltigkeit bemühten Koch mit mehr Befriedigung, als das Gefühl, aus Abfall etwas Köstliches gemacht zu haben, und bei wenigen Dingen stellt sich das so sehr ein wie bei einer gelungenen Pastete. Sie schmeckt gut, beeindruckt die Gäste und verströmt eine charmante Variante des Retro-Chics – eine französische Variante des Gabelbissens, sozusagen. Wer sich die Pastetentechnik einmal angeeignet hat, dem stehen davor ungeahnte Fleischverwertungsmöglichkeiten offen.

In Wien hat etwa das in vielerlei Hinsicht wunderbare Charlie P's mit seinem wunderbaren Küchenchef Peter derzeit eine köstlich abgeschmeckte Terrine auf der Karte. Generell machen aber Restaurants viel zu selten von der Technik Gebrauch. Ich bin erst dabei, mir die Pastetenwelt zu erschließen – Tipps und Hinweise werden gerne angenommen.

Weil es hier eben um die Verarbeitung von Fleischresten geht, eignen sich Tiere besonders gut, die man im Ganzen verarbeitet. Den Heimkoch beschränkt das tendenziell auf Lamm, Reh, Kaninchen, Hase und diverses Federvieh. Hier wird es um eine Hasenpastete gehen. Sie ist bereits vor Weihnachten entstanden, als die Hasenjagdsaison noch nicht vorbei und also Hasen noch frisch zu bekommen waren. Derzeit gibt es sie aber immer noch tiefgekühlt, wer einen in die Finger kriegt, der schlage zu.

Foto: Tobias Müller

Der misstrauische Koch kauft ihn nur mit Pfoten, um sicher zu gehen, dass er keine Katze bekommt, hat mir mein Jäger erklärt.

Foto: Tobias Müller

Wie auch bei jeder Wurst gilt: Ideal ist ein Verhältnis von 25 bis 30 Prozent Fett zu Fleisch. Für die Konsistenz wird gerne Leber eingearbeitet, auch Weißbrot und Ei können, müssen aber nicht für Cremigkeit und gute Bindung sorgen. Was ansonsten zu beachten ist:

1) Aggressiv und im Voraus würzen: Pasteten werden kalt gegessen, weswegen sie stärker aromatisiert werden müssen als warm Verspeistes. Idealerweise gibt man dem Fleisch vor dem Faschieren einige Stunden Zeit, mit der Gewürzmischung durchzuziehen.

2) Wie auch bei der Wurst und überhaupt immer beim Charcuterie machen müssen Fett und Fleisch bei der Verarbeitung wirklich (siehe auch hier) kalt sein. Wird die Fett-Fleischmasse zu warm, verbinden sich die beiden nicht. Wie schon zuletzt die Gerätschaft tiefkühlen und/oder im Freien arbeiten.

3) Rechtzeitig beginnen. Die Arbeit ist zeitintensiv, außerdem muss die Pastete nach dem Backen 24 Stunden rasten und gepresst werden, bevor sie gegessen wird. Wer sie also erst um zwei in der Früh erschöpft aus dem Rohr zieht, der kostet sie mitunter erst am übernächsten Tag.

4) Überlegen Sie sich vorher, womit und wie Sie Ihre Pastete beschweren. Die Suche nach etwas Passendem kann erstaunlich mühsam sein. Ich habe zwei Lagen Karton zurecht geschnitten und dann mit Flaschen als Gewichte gearbeitet.

5) Nicht von einer fehlenden Pastetenform schrecken lassen. Eine Pastete lässt sich theoretisch auch im Sack backen, wenn man auf die Optik des Endproduktes keinen gesteigerten Wert legt. Bei ganz strengen Franzosen bezeichnet der Name Paté zwar nur etwas, was mit einem Deckel gebacken wurde – jede Auflauf- oder Kuchenform mit Alufolie bedeckt eignet sich aber fast genauso gut wie die Le Creuset Paté Form mit eingebauter Presse.

Foto: Tobias Müller

Weil sie sowieso zäh und am Teller weder hübsch noch besonders ergiebig sind, habe ich für die Pastete die Vorderläufe verarbeitet. Was mir dann noch auf die entsprechende Fleischmenge gefehlt hat, habe ich aus einem Hinterlauf geschnitten. Meine wurde mit Hühnerleber gestreckt – wer Jäger kennt (oder ist) und Hasenlebern sammeln kann, der kann natürlich auch die nehmen. Ich habe hier etwa genau so viel Hühnerleber wie Hasenfleisch genommen, was zwar zu einer geschmeidigen Pastete, aber einem starken Lebergeschmack geführt hat. Das nächste Mal täte ich ein Verhältnis von etwa zwei zu eins probieren.

Beim Würzen sind der Fantasie des Heimkochs keine Grenzen gesetzt. Meine Pastete habe ich recht simpel und nach einem Rezept von hier gewürzt. Denkbar wären als Zusatz unter vielem anderen etwa Wacholderbeeren oder Pistazien.

Hasenpastete

Etwa 400 Gramm Hasenfleisch klein schneiden und mit 400 Gramm Hühnerleber in eine Schüssel geben. Die Gewürzmischung im Mörser oder der Mühle zubereiten: 25 Gramm Salz, zwei Esslöffel fein gehackter Thymian, frischer Pfeffer und frisch geriebene Muskatnuss und drei Lorbeerblätter fein stampfen. Wer Wert auf eine anhaltend schöne Farbe legt, gibt etwas Pökelsalz hinzu.

Foto: Tobias Müller

Das Fleisch mit der Mischung durchmassieren und idealerweise sechs Stunden ziehen lassen.

Anschließend kalt faschieren. 250 Gramm Fett hinterher durch den Fleischwolf drehen und für Konsistenz und Bindung noch 250 Gramm Weißbrot, kurz in einem viertel Liter Milch eingeweicht, folgen lassen. Zwei Eigelb in die Masse schlagen und alles gut durchrühren.

Foto: Tobias Müller

Wer einen feineren Fleischteig wünscht, jagt Hase und Leber zuerst durch die große und dann erst durch die kleine Scheibe. Wer einen feineren Fleischteig wünscht, jagt Hase und Leber zuerst durch die große und dann erst durch die kleine Scheibe.


Foto: Tobias Müller

Eine Pastetenform mit Frischhaltefolie auslegen, sodass die Folie auf der Seite ausreichend überlappt. Danach die Form nach Lust und Laune mit dünnen Speckstreifen auskleiden. (Das kann man sich auch sparen, aber die Pastetenmasse oxidiert an der Luft schnell und nimmt ein unappetitliches braungrau an. Alternativ zum Speck empfiehlt Thomas Keller etwa blanchierte Lauchblätter.)

Foto: Tobias Müller

Die faschierte Masse gleichmäßig in der Form verteilen, oben mit Speck bedecken und die Frischhaltefolie darüber schlagen.

Foto: Tobias Müller

Wer eine Pastetenform mit Deckel hat, der setzt ihn nun drauf, wem dieser fehlt, der packt das ganze einfach in Alufolie. Zum Backen wird die Pastetenform, ähnlich wie Cremen, in ein Wasserbad gesetzt: Das stellt sicher, dass sie gleichmäßig und schonend erhitzt wird. Das Wasser sollte so hoch stehen, dass etwa zwei Drittel der Pastetenform im Wasser steht. Die Flüssigkeit muss nicht kochen, sie sollte aber sehr heiß sein – bei kaltem Wasser verlängert sich die Backzeit drastisch (ich weiß, wovon ich schreibe).

Das Wasserbad samt Pastete ins Rohr schieben und bei 150 Grad etwa zwei Stunden backen oder bis die Pastete innen etwa 70 Grad erreicht hat.

Foto: Tobias Müller

Herausnehmen, kurz abkühlen lassen und pressen: Dazu ein Brett oder einen anderen festen Gegenstand in Pastetenform auf die Pastete legen und mit etwa zwei Kilo beschweren – egal, ob das Flaschen, Dosen oder Gläser mit Reis sind. Der Druck dient der gleichmäßigen Füllung und Konsistenz. Außerdem steigt dabei überschüssiges Fett nach oben, das abgegossen werden kann, so lange es warm ist.

Foto: Tobias Müller

Die Pastete auskühlen lassen und etwa 24 Stunden gekühlt pressen. Aufschneiden und mit Weißbrot, Senf, Preiselbeeren und (idealerweise selbst) eingelegtem Gemüse servieren. Wem das Ding zu groß gerät, der friert die Reste einfach ein.

Foto: Tobias Müller
(Tobias Müller, derStandard.at, 20.1.2013)