Foto: Gerhard Wasserbauer

Ein Lokal von Vorarlbergern in Wien-Leopoldstadt, gebaut und betrieben von Lis Malin (rechts), Johannes Flatz (Mitte) und dessen Cousin Martin, der den Koch macht (nicht im Bild).

Foto: Gerhard Wasserbauer

Schwarzer Estrich, Tische und Bänke aus Naturholz und Stahl, eine Schank aus gegossenem Beton: Viel mehr Gestaltung ist nicht im neuen Ü-Lokal, das an einem zuletzt ziemlich zerlepperten Eck der Oberen Augartenstraße Platz gefunden hat.

Dass das Restaurant mit der "vorarlbergaffinen Ausrichtung" dennoch so einladend wirkt, liegt wieder einmal am Wie. Und am persönlichen Einsatz von Lis Malin, Martin und Johannes Flatz, die vom Zimmern und Schweißen der Möbel bis zum Gießen der Schankteile so gut wie alles selbst gemacht haben und seit etwas mehr als zwei Wochen dafür sorgen, dass man sich als Gast entsprechend willkommen und umsorgt fühlt.

Alle drei stammen aus Vorarlberg, was sich nicht zuletzt auch im Namen des Lokals niederschlägt. Dem Vernehmen nach hat der Umlaut auf Bregenzerwälderisch eine Vielzahl von Bedeutungen, von "Halt" bis "Euch".

Zentrales Element: Vorarlberger Käse

Es gibt das wunderbar zischige, gut gehopfte Dornbirner Mohrenbräu in zwei Varianten, es gibt köstliche Sennerbutter zum Brot und allerhand Edelbrände aus der Heimat. Das wohl zentrale Element der Karte ist aber, no na, der Vorarlberger Käse.

Der grandiose, dank Kaes.at auch im Osten längst erhältliche Münster von Edwin Berchtold etwa, der nicht nur die "Znünar"-Brettljause (außerdem mit Wacholderspeck, Hirschrohschinken, Landjäger und Bergkäse sowie Lustenauer Senf) aufzwirbelt, sondern auch als Vorspeise mit Salat kombiniert wird. Einstweilen wird er pur und unbehandelt aufs essigsaure Grün gebettet - für die Zukunft würde sich vielleicht anbieten, ihn nach französischer Manier zu gratinieren.

Käsknöpfle, wie es sich gehört in der Holzgebse und mit Erdäpfel-, Pardon, Kartöffelesalat oder Apfelmus serviert, gibt es natürlich auch - aber leider nur freitags, wenn der Rest der Speisekarte Pause hat. Dann gelingen sie dafür herausragend, mit reichlich reifem Berg- und Räßkäse, die lange Fäden ziehen, und mit einem Berg Röstzwiebeln (keine Fertigware), der die markante Säure der Käse konterkariert. 

Nur freitags oder nach Vorbestellung

Umso rätselhafter, dass gerade dieses essenziell vorarlbergische Gericht nur freitags oder nach Vorbestellung zu haben ist - noch dazu, wo der Rest der Karte eher zögerliche Anleihen an die westlichste unserer Küchentraditionen nimmt. Okay, es gibt eine mehr als ordentliche Gerstensuppe mit Speck, die als Vorspeise firmiert, in ihrer dichten Reichhaltigkeit aber auch als Hauptgang durchginge; es gibt durchgekochte Orecchiette mit Paradeis und Bergkäse und zum Nachtisch neben einer Art Schmarrn aus Riebel-Mais ein wirklich gutes Sigparfait.

Das wird traditionell aus langsam karamellisierter Molke gemacht, jenem "Sig", der jenseits des großen Bergs auch als Wälderschokolade bekannt ist. Was hoffentlich bald kommt: mit Kernöl angemachter Sura Kees! (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 8.3.2013)