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Findet die Arbeitsbedingungen in Salzburg toll: "Parsifal"-Dirigent Christian Thielemann, neuer künstlerischer Leiter der Osterfestspiele.

Foto: APA/EPA/BARBARA GINDL

Wien - Es bricht nun also bei den Salzburger Osterfestspielen eine neue, hoffentlich skandalfreie Zeit an. Die Berliner Philharmoniker sind von Salzburg nach Baden-Baden übersiedelt, um zu Ostern Die Zauberflöte zu geben. Und in Salzburg ist Christian Thielemann mit seiner Dresdner Staatskapelle eingezogen, um das von Herbert von Karajan gegründete Festival zu stabilisieren.

Für das Traditionsorchester ist das akustisch heikle Große Festspielhaus damit Neuland, Thielemann jedoch sieht darin nichts Aufregendes: "Wir sind seit 11. März hier und haben wunderbare Arbeitsbedingungen vorgefunden. Wir haben ausreichend proben können, und die Staatskapelle ist ein ungemein flexibles Orchester, das sich schnell auf die akustischen Gegebenheiten einstellen kann."

Das liege, so Thielemann, zum einen daran, dass die opernerfahrenen Musiker "ohnehin gewohnt sind, schnell zu reagieren. Zum anderen ist die Staatskapelle auch sehr präsent auf dem internationalen Tourneemarkt, wodurch sie immer wieder mit unterschiedlichen Sälen konfrontiert wird. Insofern ist die Situation nichts Neues für uns." Für Thielemann selbst sowieso nicht. Er hat schon Karajan vor 30 Jahren in Salzburg assistiert - bei Wagners Parsifal.

"Was mich an Karajan beeindruckt hat, war die unglaubliche Souveränität, die er ausstrahlte. Alles schien für ihn ganz leicht. Ich war damals natürlich noch sehr jung, für mich war es ziemlich schwierig, rein handwerklich von ihm etwas zu lernen oder auch nur abzuschauen. Hier haben mir Dirigenten wie Heinrich Hollreiser oder auch Horst Stein letztendlich doch mehr geholfen."

Unnachahmlich sei "Karajan in der Behandlung von Sängern gewesen. Für mich immer wieder eine Offenbarung. Ich würde weiß Gott was dafür geben, heute bei ihm nochmals in einer Probe sitzen zu können!" Mag sein. Mit seiner Frau ohne Schatten bei den Salzburger Festspielen hat Thielemann einst indes bewiesen, wie souverän er selbst im Festspielhaus, trotz der Raumgröße, Transparenz, Intensität und Intimität zu versöhnen imstande ist.

Pianissimo möglich

"Man muss wissen, wie man mit dem Festspielhaus umgeht. Es ist richtig, dass der Saal wenig verzeiht, er macht mit seiner Akustik aber auch vieles möglich. Wir können hier ein Pianissimo maximal ausreizen, und man hört uns immer noch. Das ist doch toll!" Bei der Frau ohne Schatten habe man "viel experimentiert und dabei festgestellt, dass das Orchester - was man zunächst gar nicht vermuten würde - ziemlich hoch im Graben sitzen muss. Sitzt es zu tief, ist es schnell zu laut, und die Sänger kommen nicht mehr durch. Das handhaben wir beim Parsifal genauso." Dass Wagner-Spezialist Thielemann in Salzburg mit jenem Komponisten startet, dessen 200. Geburtstag man nun feiert, war erwartbar. Aber es ist auch Verdi-Jahr, das Staunen wäre größer gewesen, hätte er mit einem Verdi begonnen:

"Warten Sie doch einmal ab, mit welchen Werken wir in den kommenden Jahren eröffnen werden! Da steht die eine oder andere Überraschung noch aus. In diesem Jahr war die Situation allerdings relativ einfach. Der Parsifal war ja bereits seit langem fest eingeplant, noch deutlich bevor Peter Alward auf uns zukam und uns fragte, ob wir uns ein Engagement bei den Osterfestspielen vorstellen könnten. Für eine Programmänderung wäre es ohnehin zu spät gewesen; und mit Wagners ,Wunderharfe' im Wagner-Jahr in der Karwoche den Parsifal zu musizieren - davon kann man eigentlich doch nur träumen."

Daraus ergibt sich natürlich auch, dass Thielemann Gedenkjahre schätzt. " Schön, dass es sie gibt. Bei Wagner und Verdi ist das vielleicht ein bisschen anders, da sie an Orten wie Bayreuth und Verona ohnehin immer präsent sind. Aber in Jubiläumsjahren wird manches möglich, was sonst nicht zu realisieren wäre. Eine Neuproduktion wie unser Parsifal mit einem wirklich herausragenden Solisten-Ensemble stellen sie auch nicht jedes Jahr auf die Beine. Dazu bedarf es schon besonderer Anlässe."

Kein Treffen mit Wagner

Weder Wagner noch Verdi würde er allerdings gerne treffen. "Ich hätte Angst, dass eine Begegnung mein Bild von diesen Komponisten nachhaltig beeinflussen würde. Es ist ja hinlänglich bekannt, dass Wagner kein besonders netter Mensch war. Er war wahnsinnig egozentrisch, ließ niemanden außer sich selbst zu Wort kommen. Auch Beethoven soll eher ein unangenehmer Mensch gewesen sein. Warum ihn also kennenlernen, um sich anschließend zu ärgern? Beethoven ist groß durch seine Musik und nicht durch seine Umgangsformen. Das gilt für Wagner nicht weniger."   (Ljubisa Tosic, DER STANDARD,  23./24.3.2013)