Mädchen sollen und brauchen keine Angst vor Mathematik zu haben! Nie!

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Tanja Paar ist nach 20 Jahren an die Uni zurückgekehrt.

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Danke, danke, danke! Mein Dank gilt allen Höhnern und Nörglern, die mich ob des verschlafenen Rektorstages verspottet haben. Sie haben mich gerettet! Nur ihrem Hinweis auf den Ferienkalender der Universität Wien ist es zu verdanken, dass ich nicht auch heute gratis und umsonst zum Institut geeilt bin. Danke!

Die Osterferien für die Schulkinder sind zwar vorbei, nicht aber für die Studenten, Studentinnen und Wiederstudentinnen. Dabei hatte die Mathevorlesung gerade angefangen, mir richtig Spaß zu machen. Ja, Mathe war mein Angstfach, aber nicht unerwähnt soll bleiben, dass ich die gleichen Rechenaufgaben in Physik spielend lösen konnte - was meine Matheprofessorin regelmäßig in die Verzweiflung trieb. Sie hielt es für böse Absicht. Dabei war es schlicht - unerklärlich.

Wie kann ein Mensch in zwei Fächern die gleichen Problemstellungen einmal lösen und einmal grandios daran scheitern? Und das nicht etwa in Einzelfällen, sondern über Jahre! Heute denke ich, dass die Blockade schlicht angelernt war. Leider hatte mir ein Familienmitglied eingetrichtert, dass sie in Mathe immer fürchterlich schlecht, ja geradezu eine Katastrophe war. Als Tochter meiner Mutter musste ich das natürlich brav nachmachen. In Physik war der Bann nicht gesprochen, also durfte sie mir leichtfallen.

Um das hier mit aller Deutlichkeit zu sagen: Mädchen sollen und brauchen keine Angst vor Mathematik zu haben! Nie! Auch nicht als 42-Jährige! Und wenn sie das dennoch haben, sollen und dürfen sie das zugeben, auch wenn sie dafür verhöhnt und verspottet werden. Und sie dürfen sogar Angst vor Mathematik haben, es zugeben, die Angst überwinden und trotzdem in die Vorlesung gehen. Ätsch!

Jedenfalls, die Mathevorlesung war großartig. Stellt sich der Prof. doch glatt vorne hin und behauptet, das sei auch nur eine Sprache! "Learning a Language" steht da groß auf der ersten Folie. Ich pack' es nicht! Und das mir, einer Germanistin! In einer ersten Phase ginge es darum, Vokabeln und Grammatik zu lernen, dann erste Sätze. Allein, so etwas wie eine Umgangssprache gibt es nicht. Auch keinen Handlungsspielraum wie bei der Notation von Musik. Die Fragestellung muss eindeutig sein. Sehr sympathisch! Auch dass der Professor dazwischen immer wieder einmal einen Witz über Mathematiker und Physiker erzählt. Zum Beispiel den:

Ein Physiker soll Wasser in einem Kessel zum Kochen bringen. Er sammelt Brennholz, macht Feuer und stellt den Kessel aufs Feuer. Ein Mathematiker soll Wasser in einem Kessel zum Kochen bringen. Er sammelt Brennholz, macht  Feuer - ach, gehen Sie doch selber in die Vorlesung, wenn Sie das interessiert. Ich konnte mir Witze immer schon schlecht merken.

Mit Rechnen hat Mathematik jedenfalls nichts zu tun. So viel habe ich schon gelernt. Das beruhigt mich ungemein. (Tanja Paar, derStandard.at, 4.4.2013)