Ein junger Koch als Signal: Der 26-jährige Daniel Kraft war schon ein paar Häuser weiter für zwei Hauben gut - jetzt zeigt er im Martinjak ebenfalls auf.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Saibling mit knuspriger Blunzen-Frühlingsrolle, mariniertem Apfel und Avocado.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Als vor bald fünf Jahren das Martinjak schräg vis-à-vis der Oper eröffnete, war die Beleuchtung der Zirbenholztäfelung noch gar grell und auch sonst alles darauf abgestimmt, das Lokal als schicke Innenstadt-Skihütte in neo-bajuwarischem Alpinflair erscheinen zu lassen. Dazu gehörte ein ehemaliger Koch des österreichischen Ski-Nationalteams als Küchenchef, trachtig aufgebrezeltes Servierpersonal und natürlich eine Batterie diffus alpin klingender Mixgetränke.

Die gibt es zwar immer noch ("Zirbe-Sour"), davon abgesehen aber hat sich das Lokal gut entwickelt. Das rustikale Ambiente wirkt dank verbesserter Beleuchtung weniger offensiv, dazu wird mittels mehrerer Schüttbilder von Hermann Nitsch eine vergleichsweise sympathische Idee von dem vermittelt, was bei herkömmlichen Hüttenwirten wohl das Herrgottswinkerl darstellt. Sakrisch!

Die wirkliche Neuigkeit aber steht in der Küche. Da wurde mit Daniel Kraft der Küchenchef vom Hotel The Ring wegengagiert, wo er als jüngster einer Reihe ambitionierter Chefs zeigen konnte, dass nicht alle Ringstraßenhotels sich partout in gepflegter Langeweile ergehen müssen. Das dortige Restaurant At Eight mag zwar wie ein Frühstücksraum gestaltet sein, dafür aber ist die Küchenleistung dort seit Jahren mehr als verlässlich - im Vergleich zu vielen vorgeblichen Top-Adressen der Stadt sogar regelrecht spannend.

Spezialitäten und Klassiker

Dementsprechend ist es kein Fehler, wenn sich die neue Speisekarte des Martinjak über weite Strecken an dem orientiert, was im At Eight längst Standard ist. Das gilt vor allem für den zweiten, mit "Spezialitäten" überschriebenen Teil - bei den "Klassikern" nämlich muss Herr Kraft sich mittels Wiener Schnitzel (mehr als ordentlich im Butterschmalz gebacken) oder Reisfleisch (dezent dekonstruiert als köstlicher Paprika-Risotto samt separat geschmortem Kalbsvögerl und mit Sauerrahm angemachtem Salat) dem unterordnen, was die Touristen sich erwarten.

Richtig gut gelingen auch aufwändig garnierte Kaninchenravioli aus der Kreativsektion mit geschmortem Sellerie, knackiger Chioggia-Rübe und mit Tapioka-Sago versetztem Spinat. Oder der punktgenau confierte Saibling mit knuspriger Blunzen-Frühlingsrolle, mariniertem Apfel und Avocado (Bild links) - noch so ein Gericht, bei dem der Geschmack alles einlöst, was die aufwändige Optik verspricht.

Der Service wirkt stellenweise gar amikal-leger, dafür hat die ausschließlich österreichische Weinkarte durchaus Überraschendes zu bieten. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 12.4.2013)