Für einen Kompromiss brauchte es offenbar ein dramatisches Finale. Schließlich geht es darum zu zeigen, wie schwer die Einigung fällt. Die Verhandlungen um den Nordkosovo hatten nicht nur sämtliche Diplomaten in Trab gehalten. Man musste auch Pausen einlegen, um den serbischen Vizepremier Aleksandar Vucic, der sich mit dem kosovarischen Premier Hashim Thaçi Schreiduelle geliefert hatte, zu beruhigen. Die Einigung zwischen Prishtina und Belgrad, die nach nächtelangen Gesprächen und endlosen Verzögerungen zustande kam, ist aber historisch.

Nicht so sehr wegen des Inhalts: Denn es geht "nur" um Verwaltungsstrukturen für 40.000 Serben im Nordkosovo. Doch die Tatsache, dass Serbien und Kosovo überhaupt auf höchster politischer Ebene einen Kompromiss erzielten, ist eine Voraussetzung für den Beginn eines nachbarschaftlichen Verhältnisses und ein gutes Signal für die gesamte Region, die tief in der Wirtschaftskrise steckt und keine Aussichten auf eine baldige EU-Integration hat. Belgrad hat mit seiner Bereitschaft, ein weniger ideologisches, dafür aber rationaleres Verhältnis zu seiner früheren Provinz einzunehmen, dem gesamten Balkan einen Dienst erwiesen.

Entscheidend war dabei eine gesichtswahrende Lösung für Serbien, das nach wie vor den Kosovo nicht anerkennt.  Die Einigung ist aber auch wichtig für die Außenpolitik der EU und ihrer Außenbeauftragten Catherine Ashton persönlich, die endlich einen Erfolg vorweisen kann. (DER STANDARD, 20.4.2013)