Linz - Am Anfang steht die "Rede des Hunderl ans Herrl": Die Schauspieler deklamieren im Chor ein Lyrikstück, das unweigerlich an die oberösterreichische Landeshymne erinnert. Arzt seziert damit die Sprache der obrigkeitstreuen Heimatliebe, ordnet die Worte neu, legt unreflektierte Anbetungsriten offen.

Eine gekonnte Strategie, die der Autor mehrmals im Text anwendet: Hymnen, Kinder- oder Weihnachtslieder werden als liturgische Teile einer gesellschaftlichen Ordnung bloßgestellt, die keinen Sinn, sondern nur noch Rhythmus und Baugrund anzubieten hat. Allerdings vergebens: "Das Land erträgt mich nicht", wie Sopherl, eine der drei weiblichen Darstellerinnen, feststellt.

Ein abgesteckter Baugrund ist Spielort dieser Geschichte von Hoffnungslosigkeit und Identitätskrisen. Den Grund hat Hannes gekauft, um mit Heidi darauf ein Haus zu errichten - mehr aus gemeinsamer Geschichte denn aus Liebe. Sie feiern ein Grillfest mit alten Freunden, die sind zurückgekehrt aus den Städten, in denen sie studiert haben, an jenen Ort im Alpenvorland, der Arzts eigene Heimatgemeinde Schlierbach sein kann. Ein Stellvertreter-Ort, so wie die Personen Stellvertreter sind für Menschen, die an Enge und Stillstand der Regionen nicht nur im Alpenvorland scheitern.

Brüche und Risse

Zwei Schwestern - Heidi und Sopherl (Jenny Weichert und Katharina Wawrik), Moritz (Markus Subramaniam), Bimbo (Manuel Klein), Alf (Klaus Köhler), Hannes (Björn Büchner) und Michaela Schausberger als Vroni: Die sieben reden im Grunde aneinander vorbei, ihre Freundschaft - so sie jemals mehr als Zweckgemeinschaft war - hat Risse. Auch die Beziehung von Heidi und Hannes - und damit der Traum vom Eigenheim - hat keine Zukunft, Hannes hebt den Rest des Stückes verbissen allein den Keller aus.

Heidi geht nach Brüssel, stirbt, die Freunde diskutieren, ob sie denn nun als Asche oder doch als ganzer Körper oder überhaupt in die Heimat zurückkehren soll. "Die Heidi war mehr als das hier", erinnert die Schwester. Der dreißigjährige Arzt ist ein genauer Zuhörer und Beobachter, vor allem wenn es die eigene Generation betrifft, holt, wie er es selbst nennt, die "Laute aus dem Maul der Leute". Damit kann man auch scheitern oder zumindest enervieren.

Allerdings, dort wo die Dialoge schwatzhaft realistisch werden, rettet sich der Autor (und das Publikum), indem er die Darsteller als jenen eingangs erwähnten Chor auftreten und "Reden" halten lässt. Immer dort, wo eine Flucht ins Kollektive einsetze, beginne der Chor, so Arzt, er zeigt damit Konfliktverleugnungsstrategien auf. Ingo Putz überinszeniert nicht, belässt Text und Sprache in ihrer klaren, ernüchternden Form. (Wiltrud Hackl, DER STANDARD, 22.4.2013)