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Die größte Zahl der Infarkte und Schlaganfälle spielt sich bei "Normalbürgern" mit vergleichsweise geringen Risikofaktoren ab.

Foto: AP/DANIEL MAURER

Herz-Kreislauferkrankungen verursachen weltweit ein Drittel der Todesfälle. Die Weltgesundheitsorganisation geht von jährlich 16,7 Millionen Todesopfern aus.

"Jedes Jahr überleben etwa 20 Millionen Menschen einen Herzinfarkt oder Schlaganfall mit der Gefahr von Invalidität und anderen Konsequenzen", sagte Jon Barrick, federführender Proponent von SAFE, des europäischen Dachverbands von 25 nationalen Schlaganfall-Selbsthilfegruppen.

Risikofaktoren sind bekannt

Adipöse Menschen mit exorbitant hohen Blutdruckwerten mögen zwar die am meisten gefährdete Personengruppe sein, doch die größte Zahl der Infarkte und Schlaganfälle spielt sich bei "Normalbürgern" mit vergleichsweise geringen Risikofaktoren ab.

Deshalb sollten nicht nur die Angehörigen der Hoch-Risikogruppen identifiziert, sondern auch der Lebensstil der Durchschnittsbevölkerung durch primäre Prävention verbessert werden. Das forderten am Dienstag, 7. Mai, Experten im Rahmen eines Seminars der Europäischen Schlaganfall-Allianz (SAFE) in Brüssel.

Mit sitzender Lebensweise und mangelnder körperlicher Bewegung, hohen Cholesterinwerten, Rauchen, Diabetes, hohem Blutdruck, zu wenig Obst und Gemüse in der Ernährung und Alkoholkonsum sind die Risikofaktoren für die Herz-Kreislauf-Erkrankungen seit Jahrzehnten bekannt. Doch das Wissen wird nicht ausreichend umgesetzt. Viel eher wird erst zu spät und bereits eingetretenen Erkrankungen - und dann teuer - medizinisch interveniert.

192 Milliarden Euro Kosten in Europa

Ernst Rietzschel, Kardiologe von der Universität in Gent in Belgien: "Diese nicht übertragbaren Erkrankungen machen weltweit 30 Prozent der Todesursachen aus. In unseren Ländern sind es aber 50 Prozent. Wir müssen vor allem die gesunde Lebenszeit der Menschen verlängern."

Der Experte nannte die enormen Kosten der Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Europa: "Diese Krankheiten kosten die Gesellschaft in Europa pro Jahr 192 Milliarden Euro. Es sind 4,3 Millionen Todesfälle pro Jahr, 21,9 Millionen Euro pro Stunde, 12.000 Tote pro Tag, acht Opfer pro Minute."

Positive Entwicklungen auf dem Gebiet von Herzinfarkt und Schlaganfall bzw. der bei diesen Akuterkrankungen zugrunde liegenden Atherosklerose würden zum Teil wieder durch negative Entwicklungen wettgemacht. In den vergangenen 20 Jahren sind die Herz-Kreislauf-Todesraten in den Industriestaaten in etwa halbiert worden. Zu 50 bis 75 Prozent sei das auf eine bessere Vorsorge zurückzuführen, zu 30 bis 45 Prozent auf die bessere Behandlung. "Doch wir verlieren wieder zehn bis 15 Prozent des Erreichten durch die Folgen des Lebensstils", warnt Rietzschel.

Menschen wir du und ich

"In den USA sind bereits 20 Prozent der Menschen fettsüchtig. Das Lebensrisiko eines Buben, an Diabetes zu erkranken, beträgt 33 Prozent, bei Mädchen 39 Prozent", weiß der Experte.

Wolle man das ändern, sei eine Doppelstrategie notwendig: "Ein Mensch mit einem BMI von 35 (ab 30: Adipositas; Anm.) und einem systolischen Blutdruck von 180 mmHg (normal: unter 135 mmHg bei Selbstmessung; Anm.) hat natürlich das größte Risiko. Diese Menschen muss man identifizieren und hoch wirksam medizinisch behandeln. Doch die meisten Herzinfarkte und Schlaganfälle treten bei Menschen mit einem Blutdruck von 145 mmHg und einem BMI von 27, also Menschen wie du und ich, auf. Wenn wir bei diesen Menschen den Lebensstil nur etwas gesünder machen, bewirken wir einen enormen Effekt." (APA/red, 7.5.2013)