Wie kann man, fragen sich manche "Halbe-halbe"-Leser, so beschönigend über Patchwork-Familien schreiben? Wie könnte ich nicht?, frage ich mich. Zumindest muss ich das doch versuchen. Auch an den zugegebenermaßen unschönen Situationen das Schöne zu sehen. Positiv zu bleiben. Das bedeutet, weniger zu verzweifeln, bedeutet, weiterzumachen, es in Zukunft besser zu machen, und nicht nur vielleicht. Wie, bitte, sähe dazu die passende Alternative aus? Von einer Trennung oder Scheidung weg nur das Schlechte und Kaputtmachende im Auge zu behalten? Für sich selbst, die neuen Partner, für die betroffenen Kinder, die es eh, ganz unbeschönigend gesprochen, oft nicht so lustig haben? Negativ bleiben? Bis in alle Ewigkeit. Bis dass der Tod ...?

Das Leben selbst bietet Trauriges genug. Zum Beispiel wenn jemand stirbt aus seiner, nennen wir es, Ex-Familie. Jemand, der einem über viele Jahre ans Herz gewachsen ist, den man mochte. Auch nach der Scheidung. Wie, bitte, geht das dann? Gibt es dafür einen Verhaltenskodex? Hat einem das jemand vorgemacht? Wer darf wen verabschieden - und in welcher Form? Wer steht wie auf welcher Parte? Was ist angebracht? Was wünscht man sich selbst? Was wünschen sich die gemeinsamen Kinder? Wessen Wille zählt zuletzt?

Ich weiß nicht, wie es anderen damit geht, aber oft genug hat man sich solche Szenarien in seinem Post-Scheidungsschädel ausgemalt. Welche Rolle habe ich dann? Und: Habe ich überhaupt noch eine? Wäre es nicht positiv und schön, dass man auch in Patchwork-Familien ganz getrost darauf vertrauen darf, dass der Tod eines geliebten Menschen die Menschen nicht trennt, sondern verbindet, weil es dann nur um eines geht: um die gemeinsame Trauer und den Trost, den man einander zuteilwerden lässt? Bis dass der Tod uns verbindet? Das könnte etwas Gutes haben. Und nichts Beschönigendes. (Mia Eidlhuber, derStandard.at, 26.5.2013)