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Gewerkschafter Thomas Bulant und der grüne Bildungssprecher Harald Walser bei einer Pressekonferenz am Freitag.

Foto: APA/Hochmuth

Wien - Die Grünen wollen einen "außerparlamentarischen Notwehrakt" zur Überwindung der "Katastrophenstimmung" nach dem ÖVP-Vorschlag zum Lehrerdienstrecht starten. Zusammen mit dem roten Pflichtschullehrergewerkschafter Thomas Bulant und den Initiatoren des Bildungsvolksbegehrens, Hannes Androsch und dem Bildungsexperten Bernd Schilcher, zerpflückte der Grüne Bildungssprecher Harald Walser bei einer Pressekonferenz am Freitag das Modell. Er forderte eine grundlegende Refor" statt kosmetischer Änderungen. Einen ursprünglich geplanten grün-roten Schulterschluss blieb aus- der für die Pressekonferenz ebenfalls angekündigte SPÖ-Bildungssprecher Elmar Mayer habe offenbar sein Flugzeug aus Vorarlberg nicht erreicht, so Walser.

Wie die ÖVP plädiert Walser für eine längere Präsenzpflicht der Lehrer an den Schulen statt einer reinen Festlegung der Unterrichtszeit. Im Gegensatz zur kleineren Regierungspartei legte er aber auch gleich Zahlen auf den Tisch: Ihm schwebt eine tägliche Kernzeit für Lehrer an der Schule von neun bis 15 Uhr vor, wobei diese Zeiten je nach Notwendigkeit flexibel sein sollen. Aus diesem Vorschlag würde sich eine Anwesenheitspflicht der Lehrer von 30 Stunden ergeben. Bei entsprechender Ausstattung der Schulen mit Möglichkeiten zur Vor- und Nachbereitung wäre auch eine Verlängerung möglich - dann müssten aber auch alle Arbeiten an der Schule erledigt werden können: "Wie die Kinder haben auch die Lehrer dann Anspruch auf Freizeit."

Bulant: Bezahlung ist gleichzustellen

Bulant zeigte sich empört über den ÖVP-Vorschlag, der aufgrund der Ungleichbehandlung künftig gleichwertig ausgebildeter Lehrergruppen eine Beleidigung der 65.000 Pflichtschullehrer darstelle, "weil ihnen damit mitgeteilt wird, dass ihre Arbeit minderwertig ist". Dabei gehe es nicht nur um ein reines Kollektivvertragsdenken, sondern auch um volkswirtschaftliche Überlegungen: "50 Minuten Leseerziehung in der Volksschule haben doch mindestens den selben Wert wie 50 Minuten Mathematik irgendwo in der Sekundarstufe." Wenn Lehrer gleichwertig ausgebildet seien, führe auch kein Weg daran vorbei, sie in Bezahlung und Dienstrecht gleichzustellen.

Schilcher: Unterschiedliche Gehälter verfassungswidrig

Der ehemalige steirische Landesschulratspräsident und Zivilrechtsprofessor Bernd Schilcher (ÖVP) hält unterschiedliche Gehälter für Pflichtschul- und AHS- bzw. BHS-Lehrer nach Umsetzung der neuen Lehrerausbildung für verfassungswidrig. Bei der Prüfung einer Gleichheitswidrigkeit würden die Verfassungsrichter vor allem die Ausbildung und die Art der Tätigkeit heranziehen - bei gleichwertiger Ausbildung mit gleichem Abschluss und Unterricht nach dem gleichen Lehrplan wie etwa in AHS-Unterstufe und Hauptschule sei eine Ungleichbehandlung praktisch evident.

Unterschiedliche Auffassungen gab es beim Supportpersonal wie Schulpsychologen oder Sozialarbeiter: Schilcher hält rund 2.000 Personen für ausreichend, wenn für kleinere Schulen beim Landesschulrat eine Art Pool eingerichtet wird. Walser geht von einer nötigen Richtgröße von zehn Prozent der Lehreranzahl, also rund 12.500 Personen aus - und Bulant kann nicht verstehen, warum Lehrer-Chefverhandler Paul Kimberger (FCG) eine Zahl von 13.000 Personen genannt habe "und jetzt applaudiert, wenn Fekter 2.000 anbietet".

Christgewerkschafter empört

Kimberger wehrte sich gegen die Angriffe seines Gewerkschaftskollegen. Es stimme nicht, dass er über angekündigten 2.000 zusätzlichen Personen im Unterstützungsbereich gejubelt habe. Er wolle weiterhin 13.000 zusätzliche Helfer. Er gehe außerdem sehr wohl gegen ein Weiterbestehen der Zwei-Klassen-Gesellschaft bei Lehrern vor: Wenn künftig alle Lehrer einen Master-Abschluss vorweisen müssen, müssten auch alle entsprechend bezahlt werden.

Den Vorschlag von einer Anwesenheitsverpflichtung lehnt Kimberber ab. Offensichtlich sei den "Herrschaften" die von der Regierung vorgeschlagene Anhebung der Unterrichtsverpflichtung von 20 bis 22 auf 24 Stunden nicht schlimm genug. "Gott bewahre uns vor solchen Bildungspolitikern und sogenannten Bildungsexperten".

Was so schlimm an einer solchen Anwesenheitsverpflichtung wäre? Es würden derzeit teilweise Arbeitsbedingungen an den Schulen herrschen, die kein professionelles Arbeiten im Sinne moderner Pädagogik zulassen, erklärte Kimberger. Bevor man von Lehrern mehr Anwesenheit einfordere, brauche es daher entsprechende Arbeitsplätze, wobei Kimberger klarstellte: "Eine Arbeitszeiterhöhung wird es mit uns nicht geben." (APA, 7.6.2013)