Welche Bilder erscheinen bei Ihnen im Kopf, wenn Sie Golanhöhen hören? Darf ich raten? Blauhelme, Truppenabzug, Krieg und Grenzen? Ich habe nach meiner Reise nach Obergaliläa und auf die Golanhöhen ganz andere Bilder im Kopf und leider auch ein paar Kilos mehr auf den Hüften.

Die Golanhöhen und Obergaliläa sind kulinarisch sehr spannend und daher habe ich mich während meiner Reise in Israel auch in den Norden aufgemacht, um Produzenten, Freunde und kulinarisch Gleichgesinnte zu treffen. Mein erster Stopp, die Pausa Gourmet Galilee Inn, ist nur einen Steinschlag von der libanesischen Grenze entfernt. Am Telefon erklärt mir Einat, die Besitzerin, den Weg und ich bin überrascht und verwirrt, denn sie spricht von einem Zaun als Orientierungspunkt. Naiv und wohl sehr europäisch gedacht, denn alle israelische Siedlungen, die sich in der Nähe von feindlichen Grenzen befinden, sind sogenannte "gated communities", deren Eisentor abends um 8 Uhr schließt.

Foto: Bianca Gusenbauer

Avigdor und Einat haben sich mit der Pausa ein Domizil mit acht Gästezimmern aufgebaut, das ausschließlich von Donnerstag bis Samstag für Wochenendtouristen, meistens Pärchen aus Tel Aviv oder Jerusalem, geöffnet ist. Avigdor, auch Leiter der Slow-Food Gruppe Obergaliläa, setzt in seinem kulinarischen Verwöhnprogramm auf regionale und saisonale Zutaten, die teilweise aus seinem eigenen Garten stammen. Aber nicht nur bei der kulinarischen Ausrichtung, sondern auch beim Ablauf des Abendessens haben wir – die geheime Schnatterei und die Pausa – einiges gemeinsam, denn alle Gäste nehmen unbekannterweise an einer großen Tafel Platz.

Während des Abendessens wird uns unter anderem Rotwein der Pelter Winery kredenzt, der mir nach all den bereits verkosteten israelischen Weinen in Tel Aviv, am besten mundet.

Foto: Bianca Gusenbauer

Am nächsten Tag, nach einem üppigen Frühstück in der Pausa und einer kurzen Schwimmpause im Jordan, bewegen wir uns daher weiter in Richtung Golanhöhen, um diesen Winzer zu besuchen. Als Sonntagsfahrer werden wir wohl die Geduld der Einheimischen strapaziert haben, denn die Reiseroute von der Pausa bis zur Pelter Winery ist steil, kurven- und abwechslungsreich.

Foto: Bianca Gusenbauer

Die Landschaft entlang der libanesischen Grenze gibt sich größtenteils karg und wird immer fruchtbarer, je näher wir den Golanhöhen kommen. Am Weg liegt auch das einzige Skigebiet in Israel, Mount Hermon und Bauern bieten frisch geerntete Kirschen und anderes Obst feil.

Foto: Bianca Gusenbauer

Bei Tal, dem sympathischen Eigentümer der Pelter Winery, bleiben wir lange und verkosten nicht nur seine Weine, sondern auch den Ziegenkäse, den seine Frau herstellt und von dem wir nicht genug bekommen können.

Foto: Bianca Gusenbauer

Mehr zu Tal und seinen Weinen gibt es auf meinem Blog Gib Bianca Futter! zu finden. Nachdem Sabbat an diesem Tag bereits begonnen hat, machen wir uns auf den Weg zu Yair's Place in Aniam, unserem nächsten kulinarischen Zwischenstopp.

Foto: Bianca Gusenbauer

Mit Beginn des Sabbats werden die Gehsteige in Israel hochgeklappt und daher ist eine Reservierung vorab empfehlenswert. Bei Yair sind wir für das Sabbat-Abendessen gut aufgehoben, denn im Jacquzzi mit Blick über die Weiten der Golanhöhen und einem Glas Pelter Wein, lässt sich die Zeit bis dahin gut überbrücken.

Foto: Bianca Gusenbauer

Auch Yair pflegt seinen Gemüse- und Obstgarten, produziert eigenen Käse und liebt den Grill. Nachdem wir die Sabbat-Kerzen gemeinsam angezündet haben, lassen wir uns fünf Gänge lang von ihm verwöhnen. Gegrillte Melanzani mit Tahina, selbstgebackenes Brot, Lammfleischburger mit Quinoasalat und vieles Mehr macht uns zufrieden und träge. Ein Sabbat-Abendessen, wie wir es uns gewünscht haben.

Foto: Bianca Gusenbauer

Am nächsten Tag, nach einem Morgenlauf entlang der verlassenen Landstraßen, die aufgrund der verminten Gebiete auch tunlichst nicht verlassen werden sollten, wird auch schon das Frühstück serviert. Der Sabbat an sich ist jedoch lahm und wir vertrödeln den brütend heißen Tag im Wasser, verkosten am Weg Bier in der Brauerei in Katrsin, bis wir uns am Abend mit Yahav und ihrer Familie in Kiryat Shmona treffen.

Da gläubige Juden erst mit Ende des Sabbats wieder Strom benützen, warten wir mit dem Abendessen, bis es so weit ist. Dann aber decken unsere Gastgeber den Tisch, bis er zum Bersten gefüllt ist. Nachdem die Gehsteige wieder aufgeklappt sind, will uns Yahav auch das Nachtleben zeigen und wir fahren in eine Bar in den Kibbuz Dan, wo sich bereits vor dem Tor eine Autoschlange gebildet hat, denn in der Bar Hapitriya spielt an diesem Abend eine Live-Band aus Tel Aviv, die am Ende ihres Auftritts nicht genug hat und auch noch gemeinsam mit uns rockt.

Foto: Bianca Gusenbauer

Ich bin an dem Abend schon in Vorfreude auf den nächsten Tag, da ich gemeinsam mit Chefköchen aus Tel Aviv bei Erez Komorovsky, dem israelischen Slow-Food-Kochstar, zu einem Verkostungs- und Kochprivatissimum eingeladen bin.

Foto: Bianca Gusenbauer
Foto: Bianca Gusenbauer

Ein würdiger Abschluss für den Norden, bevor es wieder zu Eis am Stiel nach Tel Aviv weitergeht.

Weitere Berichte von meinem Aufenthalt in Israel gibt es auf meinem Blog Gib Bianca Futter!. (Bianca Gusenbauer, derStandard.at, 17.6.2013)