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Ein Migrant haust in einem Zelt eines Notlagers in Calais. Monika Halkort thematisiert im Rahmen von "Scores No 7" Migrationsbewegungen.

Foto: AP/Michel Spingler

Wien - Zu den großen Erfolgen, die der zeitgenössische Tanz während der vergangenen zehn Jahre für sich verbuchen kann, zählt nicht nur, dass sich immer mehr Menschen für seine Aufführungen interessieren. Oder dass ihn Philosophen und Wissenschafter zunehmend als Methodenansatz oder Metapher für ihre Forschungen heranziehen. Sondern auch, wie das neue Scores-Projekt des Tanzquartier Wien von Mittwoch bis Samstag zeigen soll, dass sich aktuelle gesellschaftliche und politische Dynamiken in tänzerischen Zusammenhängen noch einmal anders darstellen lassen.

Unter dem Titel Intact Bodies wird in diesem "künstlerisch-theoretischen Parcours" über Bewegungen in den territorialen Konfliktgebieten der Gegenwart nachgedacht. Dabei begegnen einander Kunstschaffende und Wissenschafter auf Augenhöhe. Sie nutzen die Möglichkeiten von Performance, Film, Lecture Performance und Vortrag, um vor den Augen ihres Publikums ganz spezielle Perspektiven zu unserer von Krisen, Krieg und Kollaps geprägten Zeit zu entwickeln.

Auf den Tisch kommen Probleme wie der Vertrauensverlust in die Politik (Ivan Krastev), die oft entsetzlichen Vorgänge an Europas Außengrenzen (Elias Bierdel) oder die Paradoxien zwischen physischen Migrationsbewegungen und virtueller Mobilität (Monika Halkort) ebenso wie die Figur des Banditen als Künstler (Basel Abbas & Ruanne Abou- Rahme). Die aus Chile stammende Wiener Choreografin Amada Piña erläutert Konfliktmuster über ihre Recherchen zu osterinsulanischen Tanz-Kodes. Weiters reicht der Bogen von einer Darstellung des Begriffs Grenze in Bezug auf die Weltmeere der Ozeanologin Karen M. Assmann bis hin zu einer Performance der libanesischen Dictaphone Group zu Grenzziehungen innerhalb der arabischen Welt. Keine leichte Kost. Aber echte Nahrung für den Verstand. (Helmut Ploebst, DER STANDARD, 19.6.2013)