Früher, möchte ich schreiben, war alles viel besser. Aber das wäre heillos verklärt und unrichtig nebenbei, aber anders war es schon. Wenn ich an die großen Ferien zurückdenke, denke ich an neun lange Woche an einem österreichischen See, unterbrochen höchstens von ein paar Tagen Schnürlregen und sonst nicht viel. Trotzdem war immer etwas los. Heute spielt es das nicht mehr. Kaum jemand ist noch irgendwo neun Wochen am Stück und schon gar nicht, wenn es dort regnet. Alles getaktet, von vorn bis hinten durchorganisiert, von Anfang Juli bis Ende August.

Dieser Umstand betrifft bei weitem nicht nur Patchwork-Kinder, bei denen meist zwei berufstätige Elternteile ihre Urlaubs- und Arbeitspläne miteinander koordinieren müssen, um ­getrennt voneinander Urlaub zu machen. Auf dem Ferienplan der allermeisten Kinder heute: Kurse, Workshops, Sportwochen, Feriencamps, Sprachferien und Auslandsaufenthalte. Und nicht zuletzt: In den wenigen Wochen, die berufstätige Eltern Zeit haben, überschlagen sich viele mit Über-drüber-Ferienangeboten an den eigenen Nachwuchs: All-in, vier Sterne, eigener Pool und Meeresblick, Segeltörns und Rafting-Abenteuer.

Auf Städtetourismusniveau bedeutet das London oder New York, darunter geht nichts mehr. Trotzdem herrscht in der Hitze des Feriengefechts oft öde Langeweile. Kinder an Mobiltelefonen, Notebooks, iPads. Alles so langweilig, nichts los. Koffer ein- und wieder auspacken, nirgends ankommen, auf in die nächste durchgetaktete Woche. "Mama!", penzt das Kind schon vor den großen Ferien, "alle waren schon in London!" "So, so", sage ich ungläubig und denke: Weinviertel. Sonst nichts. Und dann von mir aus London. Aber bitte erst im Herbst. (Mia Eidlhuber, derStandard.at, 23.6.2013)