Herzerfrischend altmodischer Kurzweil: Elisabeth Flechl als Helena, René Rumpold als Menelaus und Christina Sidak als Orestes.

Foto: Christian Husar (www.christian-husar.com)

Baden - Es war einmal: die Sonne am Himmel wie ein Bügeleisen, geplättet der arbeitende Mensch. Baden tat da gut: die Tätigkeit, aber auch die Stadt. Ein signalfarbenes Kaltgetränk, eingenommen im angenehm klimatisierten, angenehm in den 1960er-Jahren verharrenden Café Central am Hauptplatz, erfrischt; aufgeweckt strebt man dem Kurpark zu. Hier liegt, seit einem Jahrhundert schon, die Städtische Arena. Gibt es ein charmanteres Ambiente für dachlosen Kunstgenuss? Wohl kaum.

Zur Unterhaltung von Einwohnern und Gästen wird hier zurzeit Opéra-bouffe gespielt: Jacques Offenbachs Die schöne Helena. Aus dem Orchestergräbchen (Leitung: Franz Josef Breznik) strömt muntere Musik. Das achtköpfige, geschlechterparitätisch besetzte Ballett überrascht mit Barbeinigkeit und mitunter modern gemeinten, grenzkuriosen Bewegungen.

Der Grund dafür: Wir sind im alten, noch strumpflosen Griechenland, und die Choreografin (Raquel López Ogando) ist noch sehr jung. Muss über den Handlungsgang noch berichtet werden? Nein. Wir tun es trotzdem: Paris (der Prinz, nicht die Stadt), Schönheitswettbewerb, Apfel, Venus, Helena, Liebe, Probleme, List, Flucht, Vorhang. Den Handlungsgang begleiten - man will ja auch lachen zwischen der Liebe - knallbunte, knallköpfige Chargen: Agamemnon (Daniel Ohlenschläger), Achilles (Thomas Markus) und zwei Ajaxe (Beppo Binder, Walter Schwab). Kalchas (Andreas Jankowitsch) ist der Kriegstreiber, Orestes (Christina Sidak) ein hosenberollter Lebemann und Parthoenis (Kerstin Grotrian) süß.

Die Pantöffelchen

Sie alle machen Helena und Paris das Bühnenleben schwer - was Größen wie diese aber kaum anficht. Sebastian Reinthaller singt als Letzterer in manchen Lagen wunderschön, Elisabeth Flechl ist als Erstgenannte so souverän und bezaubernd, wie man es auf einer Bühne nur sein kann: Liz-Taylor-haft. Pantelis Dessyllas (Ausstattung) sei für Helenas schneehasenfellbesetzte Pantöffelchen gedankt, Hausherr Robert Herzl - in seiner letzten Inszenierung an diesem Ort - für herzerfrischend altmodische Kurzweil. Begeisterte Gesichter, beglückter Applaus.   (Stefan Ender, DER STANDARD, 28.6.2013)