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"Wenn Minister Töchterle von nachgelagerten Studiengebühren spricht, soll er so ehrlich sein und sagen, dass er eine Akademikersteuer will", sagt der neue ÖH-Vorsitzende Kraushofer.

Foto: apa/Neubauer

"Wenn irgendwo etwas passiert, dann wird das dem ganzen Apparat umgehängt." So beschreibt der neue ÖH-Vorsitzende Florian Kraushofer von den Fachschaftslisten (FLÖ) das Imageproblem der Hochschülerschaft. "Geschichten" wie das Café Rosa würden dem Ansehen schaden. Er will sich in seiner Amtszeit die konstruktive Arbeit der Bundesvertretung besser kommunizieren. Wie seine Vorgänger lehnt Kraushofer im Gespräch mit derStandard.at Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren ab. "Mir ist relativ egal, wo die Regierung ihr Budget hernimmt", sagt Kraushofer. Die ÖH könne nur sagen, dass es mehr Geld für die Universitäten brauche. "Es wird uns als Staat Österreich auf den Kopf fallen, diesen Sektor so auszuhungern."

derStandard.at: Sie sind seit den Uniprotesten im Jahr 2009 in der Studentenpolitik aktiv. Warum haben Sie sich damals engagiert?

Kraushofer: Dort engagiert ist eigentlich zu viel gesagt. Ich war damals im ersten Semester, dann war auf einmal dieser Hörsaal an der TU besetzt, und ich habe eher zufällig mit ein paar Freunden beschlossen, wir schauen uns das an. Dort waren sehr interessante Menschen, mit denen ich angefangen habe zu diskutieren. Irgendwann ist aus diesem vielen Diskutieren auch ein Mitarbeiten bei der ÖH geworden.

derStandard.at: Hat sich seit den Protesten etwas verändert?

Kraushofer: Es ist vieles schlechter geworden, das muss man leider sagen. Das Bezugsalter der Familienbeihilfe wurde von 26 auf 24 herabgesetzt. Die Studiengebührenregelung ist gefallen und dann wieder eingeführt worden, da hat sich in Wirklichkeit nicht viel geändert. Was leider auch gekommen ist, ist das Gesetz zur Studienplatzfinanzierung, das flächendeckende Zugangsbeschränkungen ermöglicht. Derzeit gibt es die Studienplatzfinanzierung zwar erst in ein paar Fächern, und sie ist auch nicht von allen Universitäten umgesetzt worden, aber die Möglichkeit wurde geschaffen. Das wird uns die nächsten Jahre noch beschäftigen.

derStandard.at: Warum sind Sie gegen Zugangsbeschränkungen? Das würde die Platzsituation an den Universitäten verbessern.

Kraushofer: Es wäre möglicherweise ein Weg, um es für ein paar Leute besser zu machen, es wäre aber auch ein Weg, der viele Leute ausschließt. Und es würde dazu führen, dass wir am Ende noch weniger Absolventen haben, und wir sind jetzt schon wahnsinnig schlecht, was das angeht. Es sollte eigentlich ein Ziel sein, mehr Studierende auszubilden. Es ist der falsche Weg, zuerst zu sagen, wir wollen mehr Studierende und wollen mehr Geld in die Universitäten stecken, und dann, wenn man draufkommt, dass dazu vielleicht doch nicht der politische Wille da ist und andere Dinge wichtiger sind, als Ausweg einfach weniger Leute aufzunehmen. Das mag für Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle und für die Bundesregierung im Moment der einfachste Ausweg sein, aber es ist deshalb noch lange nicht der beste oder der richtige.

derStandard.at: Sie sind auch gegen Studiengebühren. Wie würden Sie das Finanzierungsproblem und das Platzproblem an den Universitäten dann lösen?

Kraushofer: Studiengebühren würden das Finanzierungsproblem der Universitäten nicht lösen, das ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Mit Studiengebühren werden viele Studierende am Studieren gehindert werden oder müssen ihr Studium vielleicht sogar abbrechen. Ich glaube nicht daran, dass Studiengebühren sozial gerecht sind. Wenn Minister Töchterle von nachgelagerten Studiengebühren spricht, soll er so ehrlich sein und sagen, dass er eine Akademikersteuer will. Aber dann muss man eben mehr Steuern einheben - wenn das der politische Wille ist, von mir aus.

Mir ist relativ egal, wo die Regierung ihr Budget hernimmt. Es gibt von der SPÖ den Wunsch nach Vermögenssteuern, die ÖVP ist strikt dagegen, die wollen stattdessen einsparen. Ich möchte mich nicht auf die Neiddebatte einlassen, wer das Geld dringender braucht. Das ist Aufgabe der Bundesregierung. Wir können nur sagen, es braucht mehr Geld. Es wird uns als Staat Österreich auf den Kopf fallen, diesen Sektor so auszuhungern.

derStandard.at: Sie haben angekündigt, bei der ÖH-Arbeit einen Zwischenweg zwischen "immer nur Ja sagen" und "immer nur Nein sagen" finden zu wollen. Hat die ÖH in letzter Zeit zu oft Nein gesagt?

Kraushofer: Ich denke, in den letzten Jahren war es durchaus angemessen und auf dem richtigen Weg, zumindest bei der ÖH-Bundesvertretung. Es gibt aber noch sehr viel mehr Strömungen in der ÖH. Vonseiten des Wissenschaftsministeriums ist sehr oft gesagt worden, die ÖH blockiert immer alles. Es ist schwierig für uns zu kommunizieren, dass wir auch konstruktive Vorschläge bringen. Wir versuchen bei vielen anderen Themen konstruktiv zusammenzuarbeiten. Wenn es aber um das Thema Studiengebühren geht, und von der Regierung kommt ein permanentes "Wir wollen Studiengebühren", dann wird von uns genauso ein permanentes "Wir wollen sie nicht" kommen. Da ist keine Seite beweglicher oder unbeweglicher als die andere.

derStandard.at: Sie haben bei Ihrer Vorstellung bei der konstituierenden Sitzung gesagt, die öffentliche Wahrnehmung der ÖH solle verbessert werden. Was passt da nicht?

Kraushofer: Die ÖH hat ein Imageproblem. Das liegt sicher unter anderem daran, dass es ein sehr umfangreiches Konstrukt ist, mit einer Bundesvertretung und davon unabhängigen Hochschulvertretungen. Die stehen sich quasi alle gleichberechtigt gegenüber und sagen sehr unterschiedliche Dinge. Das mag dann oft absurd wirken. Wenn irgendwo etwas passiert, dann wird das dem ganzen Apparat umgehängt.

derStandard.at: Sprechen Sie da die Verluste des Café Rosa an der Uni Wien an?

Kraushofer: Zum Beispiel. Es gibt diverse Geschichten. Es ist natürlich schwierig, als Bundesvertretung zu kommunizieren, dass wir durchaus konstruktiv arbeiten. Das ist aber in den letzten Jahren schon besser geworden, und das müssen wir fortsetzen.

derStandard.at: Die meisten Fraktionen sind an Parteien gebunden. Könnte das auch mit dem Imageproblem zu tun haben?

Kraushofer: Nein, das glaube ich nicht, das hat damit nichts zu tun. Es gibt diejenigen in der ÖH, die sagen, es ist wichtig, dass man auch die Verbindung mit Parteien hält, und es gibt andere, die das nicht so sehen. Ich möchte dazu nicht allzu viel sagen. Wir sind alle demokratisch gewählt worden.

derStandard.at: Könnten Sie sich vorstellen, einer Fraktion beizutreten, die parteinahe ist?

Kraushofer: Für mich ist das keine Option. Ich habe zu große Differenzen mit den meisten Parteien, die zum Nationalrat antreten. Vor allem auch bei Bildungsthemen. Aber ich bewundere diejenigen, die das schaffen. Es hat ja auch seine Richtigkeit, dass man sich bei parteinahen und parteiunabhängigen Fraktionen engagieren kann.

derStandard.at: Sie haben sich wieder für eine Viererkoalition mit VSStÖ, GRAS und FEST entschieden. Warum?

Kraushofer: Eine sichere Mehrheit wäre sich nicht mit viel weniger Fraktionen ausgegangen, das liegt auch am Wahlrecht der ÖH. Das Gremium der Bundesvertretung ist zu groß geworden, wir brauchen eine Direktwahl.

derStandard.at: Mit der Aktionsgemeinschaft wäre sich eine Koalition mit weniger Fraktionen ausgegangen. Sie hatten eine Koalition mit der AG nicht ausgeschlossen.

Kraushofer: Eine Mehrheit zu zweit wäre sich auch nicht ausgegangen. Dann wären es halt drei statt vier Fraktionen gewesen. Wir haben auch mit der AG verhandelt, aber es ist uns lieber, mit den Fraktionen eine Koalition einzugehen, mit denen wir inhaltlich größere Überschneidungen sehen. Wir sind uns bei bildungspolitischen Themen einfach einig.

derStandard.at: Es gibt Verhandlungen mit der AG zur Direktwahl der ÖH. Wie weit sind diese Verhandlungen?

Kraushofer: Ich möchte noch nicht den Tag vor dem Abend loben. Wir haben in den letzten Wochen sehr viel über eine Reform des ÖH-Wahlrechts gesprochen. Es gab von beiden Seiten ein Entgegenkommen. Die FLÖ hat bisher darauf bestanden, dass auch die Fakultätsvertretungen direkt gewählt werden müssen. Die AG wollte auf keinen Ebenen eine Direktwahl. Jetzt gibt es auf beiden Seiten den Willen, einander da entgegenzukommen. Ich hoffe, dass es in den nächsten Wochen und Monaten gelingt, einen Konsens - auch mit dem Ministerium - zu finden.

derStandard.at: Das heißt, wenn alles gut geht, werden die Studierenden ihre ÖH bei der nächsten Wahl direkt wählen können?

Kraushofer: Das haben wir vor zwei Jahren auch schon gesagt. Ich hoffe es. (Lisa Aigner, derStandard.at, 28.6.2013)