Kann der Körper doch befreit werden? Und ist es möglich, ihn auf dem Weg dorthin als more than naked sehen zu lernen, wie das die Wiener Choreografin Doris Uhlich unter diesem Titel versucht? Die begeisterte Reaktion des Publikums auf die Uraufführung ihres neuen Stücks bei Impulstanz macht da richtig optimistisch.

Denn Uhlich schafft es, ihre zwanzig splitternackten Tänzerinnen und Tänzer von allem abzukoppeln, was nichtbekleidete Körper ins Zwielicht drängt. Das ist einmal jeglicher pornografische Zusammenhang, zum anderen eine martialische Heroisierung der Nacktheit. Dann der konsumistische Kult um den "perfekten" Körper und die schwierige kulturelle Assoziation mit "Schamlosigkeit". Hier tritt das Fleisch auf, wie es eben ist, wenn es nicht durch Stofffassaden weggeschlossen oder aber zwecks verführerischer Dekoration reizvoll verpackt wird.

Es sind zwar meist junge, attraktive Leute, die hier "mehr als nackt" auftreten, doch sie entziehen sich gekonnt den schlimmsten Klischees. Was diese Körper tun, hat mehr von einem Spiel mit unverkrampftem Nacktsein als von einer klammen Provokation. Das hat Witz, lässt diskursive Unebenheiten zu und gibt das Gefühl, dass kulturelle Regulative nicht für die Ewigkeit festgeschrieben sind. (ploe, DER STANDARD, 7.8.2013)