Firma Economos, Pressekonferenz mit dem Vorstandsvorsitzenden Erhard F. Grossnig und dem Aufsichtsratvorsitzenden Herbert Schmidtmeier.

Foto: aoa/Barbara Gindl

Wien - Die Geschichte von Wolfgang Mayerhofer liest sich wie die österreichische Version des amerikanischen Traums. Der HTL- Maschinenbauer mauserte sich vom einfachen Verkäufer zum Millionär. Bis ihm und seiner Firma Economos verwirrende Fakturierungen und ein Insiderhandel zum Verhängnis wurden.

Als Mayerhofers Arbeitgeber, ein Handelsunternehmen, die Dichtungen 1976 strich, beschloss der junge Steirer, sich selbstständig zu machen. Dank eines guten Riechers in Osteuropa und einem geschäftlichen Geschick erwirtschaftete Mayerhuber mit seinem Dichtungshandel schon nach vier Jahren einen mehrstelligen Millionen Schilling Umsatz. Ein Freund beschreibt: "Wenn du eine Stunde mit ihm gesprochen hast, bekommst du schon ein schlechtes Gewissen, nichts zu kaufen."

Das Geschäft in Judenburg entwickelte sich gut. Mayerhofer, auch "der Dichter" genannt, entschied sich aufgrund der breiten Produktpalette und hoher Lagerbestände, einen automatisierten Apparat zur Herstellung von Dichtungen zu entwerfen. "Wir waren die Revoluzzer in der Branche", sagt der ehemalige technische Vorstand Reinhard Schweinberger rückblickend. Nach der zweijährigen Entwicklung gemeinsam mit der Montanuni Leoben war die Maschine fertig: der "Seal Jet" mit einem stolzen Preis von 2,5 Mio. Schilling. Für deren Vertrieb gründete Mayerhofer in den USA ein eigenes Unternehmen, die "Seal-Jet-Gruppe".

Mithilfe der Hausbank Bawag schaffte es Economos 1991 an die heimische Börse. Der Gründer war nur noch als Hauptaktionär involviert. Economos erwirtschaftete einen Umsatz von 500 Mio. Schilling und unterhielt 200 Mitarbeiter. Es war ein Paradebeispiel für den heimischen Mittelstand. Im Juni 1994 titelten die Zeitungen noch "Economos dicht an Weltmarktführung". Man war zufrieden in der obersteirischen Idylle und am Wiener Börsenparkett.

Doch einen Monat später brach der Frieden. Die Börsenaufsicht meldete den Verdacht auf Insiderhandel. Es war ein ungewöhnlich hoher Kauf der Economos-Aktien von nur wenigen Personen verzeichnet worden. In Folge war der Aktienkurs unglaublich nach oben geschnellt.

Das war vor der Veröffentlichung der Übernahme von Economos des mehr als doppelt so großen deutschen Konkurrenten Merkel. Im September '94 verbuchte man erstmals einen Verlust. Das Papier verlor in zehn Tagen vierzig Prozent, der Aktienhandel wurde eingefroren.

Nun begannen die Recherchen der "verheerenden Drei": Wirtschaftsprüfer, Behörden und Medien. Es wurden dubiose Finanzierungen, verzwickte Haftungen und Warenlieferungen auf offene Rechnungen zutage gefördert. In den letzten Tagen des Bilanzjahres 1993 wurden noch Seal-Jet Maschinen fakturiert. Sie waren aber weder aufgestellt noch bezahlt.

Der damalige Firmensprecher Ferdinand Ploner: "Wir hofften, dass wir das Geld bekommen, aber Sie wissen ja - der Osten." Selbst die Banken kannten sich nicht mehr aus, wofür ein Kredit ausgestellt war.

Nachdem 1993 der Gewinn noch 43 Mio. Schilling betragen hatte, stand im Folgejahr nach der Übernahme von Merkel die unglaubliche Schuldensumme von einer Milliarde Schilling (rund 73 Mio. Euro) zu Buche.

Gründe waren die teure und überschätzte Konsolidierung von Merkel und offene Rechnungen. Mayerhubers Seal-Jet Gruppe blieb Economos bis zum Schluss einen "zweistelligen Millionenbetrag" schuldig. "Es gab unklare Verstrickungen", meint Schweinberger.

Die Gläubiger einigten sich auf einen Teilverzicht und einen Sanierungskurs. "Es war klar: Die Bawag steht zu uns, oder wir sind pleite", simplifiziert Schweinberger. Der Sanierer Erhard Grossnigg meinte damals: "Ich habe noch nie ein so ineinander verwebtes Firmengeflecht gesehen, wo mit einer derartigen Leichtsinnigkeit betriebswirtschaftliche Grundsätze missachtet werden." Heute sagt er entspannter: "Das Produkt an sich war genial, nur das Management miserabel."

Sanierung und Übernahme

Im Laufe des sich dahin schleppenden Sanierungsverfahrens erwarb die Bawag fast 90 Prozent der Pleitefirma. 1997 wurde Merkel verkauft und darauf bilanzierte man endlich wieder positiv.

Kurz vor dem neuen Jahrtausend wurde die Bawag die sanierte Firma los an den Unternehmer Michael Salzer. Im Jahr 2006 übernahm schließlich der schwedische SKG-Konzern und schloss das Kapitel Economos endgültig. (Ansgar Fellendorf, DER STANDARD, 22.8.2013)