Foto: Benedikt Walzel

Am Wahlsonntag, nach 18 Uhr, wenn sich die Analysten und Kommentatoren der Nationalratswahl in den Fernsehstudios die Türklinke in die Hand geben werden, rollt die Wiener Performerin Barbara Ungepflegt die Sache mit dem Abstimmen noch einmal neu auf. Sie ruft in der Brut-Bar zur Misswahl 2013, zu einem tragisch-parodistischen Urnengang für alle, die noch eine Stimme abzugeben haben. In der zur Wahlzentrale umfunktionierten Bar lädt sie ihre Misswahl-Kabine ab, mit der sie schon 2010 im Rathauspark wahlgekämpft hat.

Zur Wahl stehen nun sechs Missen, die sich äußerlich kaum voneinander unterscheiden und auch ununterscheidbar hinreißende Wahlreden ins Publikum schmettern werden: Miss Kredit, Miss Gunst, Miss Geschick, Miss Geburt, Miss Erfolg und Miss Brauch. Misswahl-Analytiker David Jager-hofer steht mit Beteiligungsstatistiken und Wählerstromanalysen zur Seite.

Barbara Ungepflegt (im Zivilleben Barbara Kremser) karikiert mit ihren unberechenbaren, frechen, das Publikum als Mitakteur begreifenden Performances die Realität. Zuletzt hat sie beim Festival der Regionen eine Kunstinspektion durchgeführt - eine Produktion des Theaters des Verhinderns von Julius Deutschbauer, dem sie seit 2008 angehört. Dabei galt es, in der Eferdinger Umgebung Leute zu Observierern zu machen und so vermeintliche Missstände und Verfehlung in der Nachbarschaft aufzuspüren und zu melden. - Ein Spionagespiel, das Vorurteile und Überführungslust auf raffinierte Weise kurzschloss.

Die Sprache ist wichtig: Sie steckt bei Barbara Ungepflegt voller Fallen. In Notstand (2001), einer Festwochen-Koproduktion, heißt es im Untertitel etwa: "Aus der Tugend eine Not machen". Formen der Verkehrung sind auch in Running Muschi wichtig, einer u. a. am Laufband absolvierten Revue, die sich Jelinek-haft in Begriffsschleifen verheddert:

"Unser Wohnzimmer hier ist Ihr Abendprogramm, und Ihr Abendprogramm ist sein Asyl, und sein Asyl ist meine Arbeitsstätte, und meine Arbeitsstätte ist diese Performance, und diese Performance ist unser Ruin." (Margarete Affenzeller, Spezial, DER STANDARD, 18.9.2013