Judith Schwentner bekam eines der beiden Direktmandate.

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Sie ist so etwas wie ein integraler Bestandteil der Grazer Szene, des urban-kulturellen Milieus, bestens vernetzt mit den Kunstzirkeln, und da überrascht es eigentlich wenig, dass Judith Schwentner als eine von zwei Grün-Politikerinnen Österreichs mit einem Direktmandat ausgestattet wurde, hatten doch die Grünen in der steirischen Landeshauptstadt mit ihr als Spitzenkandidatin besonders gut abgeschnitten und nach Auszählung der Wahlkarten die FPÖ vom ersten Platz verdrängt.

Graz wurde zur grünen Landeshauptstadt in der ansonsten blauen Steiermark.

Dass sie nicht gleich mit Selbstlob und Eigen-PR ob des Erfolges an die Öffentlichkeit ging, liegt wohl an ihrem Naturell. Sie ist auch nach fünf Jahren Bundespolitik im Wiener Parlament - in dem sie als grüne Frauensprecherin wirkt - bodenständig, nachdenklich und wohlgelaunt geblieben. Die 45 Jahre alte studierte Slawistin redet und bewegt sich am Grazer Bauernmarkt, in ihren Beiseln, bei Diskussionen und in der Kunstszene wie eh und je.

Forschte in Moskau

Politik war im Grunde ja nie vorgesehen. Judith Schwentner studierte Philologie, forschte in Moskau, arbeitete als Lektorin an der Universität in Lemberg, ehe sie an die Camera Austria, Österreichs führende Spezialitätenwerkstatt in Sachen Fotografie, andockte.

Das Sensorium für die Kunst kam wohl vom Vater, Erwin Schwentner, Richter und Künstler. Die Mutter, pensionierte Pädagogin, hatte sich in den 1980er-Jahren in der Grazer Frauenszene engagiert.

Prägend - auch für ihre jetzige politische Arbeit - war ohne Zweifel der Job als Chefredakteurin der Caritas-Straßenzeitung Megaphon, wo sie sehr hautnah mit den Lebensrealitäten von Asylwerbern konfrontiert war. Die journalistische Arbeit beim Megaphon spannte auch einen beruflichen Bo-gen ins Familienhaus Schwentner. Ehemann Thomas Wolkinger, den sie seit den Schultagen am Akademischen Gymnasium kennt, werkte als Chef für die Steiermark-Ausgabe des Falter und lehrt jetzt an der FH Joanneum Journalismus.

Und dann, knapp vor der letzten Nationalratswahl 2008, kam das Angebot, für die Grünen ins Parlament zu ziehen. Gespons und die beiden Kinder (15 und 17) gaben ihren Sanktus. Seither pendelt Schwentner - stets per Zug - nach Wien. Gefragt nach ihrem Motto für die Politik antwortet sie: "Sich reinhauen, zuhören, nachdenken, und vor allem Spaß." (Walter Müller, DER STANDARD, 2.10.2013)