Für Arbeits- und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) sind die Ergebnisse der PIAAC-Studie ein Zeichen dafür, dass das Thema Bildung in Österreich auch künftig nicht wegzudiskutieren ist. "Wir sind besser als unser Ruf, haben aber weiterhin Nachholbedarf. Berufsbegleitende Weiterbildung ist schlichtweg notwendig", sagte der Minister bei der Präsentation der Studie am Montagabend.

Er sieht sich in seiner Forderung nach einer Ausbildungspflicht bis zum Alter von 18 Jahren bestärkt. Diese müsse bis 2015 umgesetzt werden. "Das Ende der Schulpflicht darf nicht das Ende der Ausbildung sein." Bildungsteilzeit und Bildungskarenz müssten zudem weiterentwickelt werden, er habe dabei die "Vision" eines Rechts auf Bildungskarenz. Derzeit muss der Arbeitgeber einer Auszeit für die Weiterbildung zustimmen. Der Sozialminister will die Beteiligung an Weiterbildungsmaßnahmen von gering Qualifizierten von derzeit fünf Prozent bis zum Jahr 2020 auf 20 Prozent heben.

"Reformen greifen noch nicht"

Die scheidende Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) war bei der Präsentation der Studie nicht anwesend, sie ließ sich von Hundstorfer entschuldigen. Schmied hatte bereits am Tag nach der Wahl angekündigt, sich aus der Politik zurückzuziehen. Vertreten wurde das Unterrichtsministerium durch die Sektionsleiter Christian Dorninger und Kurt Nekula. "Beim Lesen haben wir ein Problem, das wissen wir", sagte Dorninger. Nekula machte darauf aufmerksam, dass bei der Gruppe, die getestet wurde, die aktuellen Reformen noch nicht greifen würden. Die Konsequenz aus den Ergebnissen sei, dass Lehrer Stärken und Schwächen der Schüler besser erkennen und sie besser fördern müssten. Die Maßnahmen dafür seien bereits mit der neuen Lehrerausbildung getroffen worden. Auch die sprachliche Bildung und die Leseförderung seien bereits Thema in den neuen Curricula.

Mit der Initiative für Erwachsenenbildung sei bereits ein Erfolgsprojekt für die lebenslange Weiterbildung gestartet, so Dorninger. Derzeit holen 4.000 Menschen dort ihren Bildungsabschluss nach, bis 2014 sollen es 10.000 werden.

Schmied will höheres Reform-Tempo

Die Bildungsministerin sieht am Dienstag die Studie als ein Zeichen, "dass die Bildungsreform fortgesetzt werden muss. Wir sind auf einem guten Weg", sagt Schmied in einer Aussendung. Das Tempo der Reformen müsse jedoch erhöht werden um "qualitativ hochwertige Bildungsangebote von der frühkindlichen Bildung über die schulische Bildung bis zur Erwachsenenbildung" zu schaffen.

AK für mehr Bildungskurse, Grüne für fairere Schule

Als "Weckruf" will Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske die Ergebnisse des erstmals veröffentlichten "Erwachsenen-PISA", der OECD-Studie "Programme for the International Assessment of Adult Competencies" (PIAAC), verstanden wissen. "Wir brauchen auch in Zukunft ein flächendeckendes Angebot an Kursen und Lehrgängen für Alphabetisierung und Basisbildung", forderte er am Dienstag in einer Aussendung. Es brauche mehr kostenlose Alphabetisierungskurse und vorbeugend ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr und verstärkte Fortbildung von Volksschullehrern in der Leseförderung.

Für Bildungssprecher Harald Walser bestätigen die PIAAC-Ergebnisse die bisherige Kritik der Grünen: "Bildung wird zu stark vererbt und im Schulsystem zu wenig vermittelt", betonte er in einer Aussendung. Eine Million Österreicher mit Leseproblemen und die vergleichsweise kleine Gruppe an Spitzenlesern seien ein klarer Auftrag, die Weichen in der Bildungspolitik neu zu stellen: weg von einem selektiven Schulsystem hin zu einer Bildungslandschaft, in der kein Kind, Jugendlicher oder Erwachsener zurückgelassen werde. (lai/APA, derStandard.at, 8.10.2013)