Wien - Anlässlich des "Tag der Lehre" hat die heimische Politik die Vielfalt der Lehrberufe beworben, auch abseits der klassischen Männer- und Frauenberufe. Das ist dringend notwendig, wie Statistiken zeigen: 2012 waren von 1.911 Friseur-Lehrlingen, die zur Prüfung antraten, 1.800 weiblich und umgekehrt fanden sich unter den 1.468 Jugendlichen, die als Maurer zur Abschlussprüfung antraten, nur neun Mädchen - österreichweit. Viele Mädchen entscheiden sich für Lehren im Einzelhandel oder als Bürokauffrau, während Burschen die technischen Berufe dominieren.

Entscheidend sei, dass jeder Jugendliche aus den rund 200 Lehrberufen jenen auswählt, der am besten zu seinen Talenten passt, sagte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Arbeitsminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) erklärte: "Ich war selber Lehrling und habe mich gefragt, welchen Lebensweg ich einschlagen soll. Ich habe mich für eine Lehre entschieden, denn eine Ausbildung schützt auch vor Arbeitslosigkeit."

"Hürden zum Abschluss abbauen"

Laut Mitterlehner beenden 16 Prozent ihre Lehre nicht. Österreich könne sich das immer weniger leisten. "Daher müssen wir nicht nur stärker über die Chancen einer Lehre informieren, sondern auch potenzielle Hürden zum erfolgreichen Abschluss abbauen", so Mitterlehner in einer Aussendung. 2012 fiel bei den Lehrabschlussprüfungen fast jeder fünfte Lehrling durch - ein neuer Höchststand seit 1970. Laut Mittlerlehner fördert der Bund daher seit September auch den Besuch der Vorbereitungskurse für die Abschlussprüfung mit bis zu 250 Euro und übernimmt die Kosten für einen wiederholten Antritt.

Österreich kann bei der Lehre aber auch Erfolge für sich verbuchen: Hundstorfer und Mitterlehner verwiesen auf die heurigen "World Skills", eine Weltmeisterschaft der Berufe. Mit elf Medaillen seien Österreichs Teilnehmer als bestes EU-Team unter den weltweiten Top-Ten heimgekehrt.

Fachkräftemangel

Die Berufsaussichten der Lehrlinge seien gut, wurde betont. In den technischen Berufen seien zudem die Verdienstchancen besonders hoch. Trotzdem gibt es in Österreich einen Fachkräftemangel: Schätzungen zufolge fehlen an die 30.000 Fachkräfte. Dieser verschärfte sich in den letzten Jahren, weil die Lehre immer mehr mit höherbildenden Schulen konkurriert. Neben der Berufsmatura forderte Mitterlehner die Lehrbetriebe auf, mit zusätzlichen Anreizen wie Weiterbildungsangeboten oder Auslandsaufenthalten um die besten Jugendlichen zu werben.

Der Wirtschaftsbund nahm den "Tag der Lehre" zum Anlass die rund 35.000 Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, zu loben. Für Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl ist die Lehre "ein Garant in Österreich für die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit innerhalb Europas". SPÖ-Jugendsprecher Christoph Peschek nannte die Lehrausbildung "eine wesentliche Säule des österreichischen Bildungssystems". Kritik kommt von der FPÖ und dem Team Stronach. Der Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender fordert "Taten statt Worthülsen" und der Team-Stronach-Lehrlingssprecher Stefan Markowitz eine Unterstützung für Unternehmen, die zusätzlich Lehrlinge aufnehmen. "Die Lehrlingsausbildung gehört entstaubt und braucht einen Qualitätsschub", fordert auch Birgit Schatz, Arbeitnehmersprecherin der Grünen. (APA, 23.10.2013)