Bild nicht mehr verfügbar.

Trotz zahlreicher TV-Kochshows ist der Lehrberuf Koch nicht sonderlich beliebt.

Foto: apa/dpa/Büttner

Es wird begeistert gehackt, gebrutzelt und verfeinert – zumindest im Fernsehen. Daran, dass eine Lehre als Gaststättenköchin oder -koch in Österreich nicht besonders beliebt ist, haben offenbar auch der Erfolgskurs von TV-Kochshows oder die Karrieren heimischer Starköche nichts geändert. Auf 857 offene, sofort verfügbare Lehrstellen kamen hier im Jahr 2012 nur 276 Lehrstellensuchende. Sabine Putz, Leiterin der Abteilung für Arbeitsmarktforschung und Berufsinformation beim Arbeitsmarktservice (AMS) Österreich, kennt das Problem: "Lehrlinge werden aktuell besonders im Tourismus gesucht, vor allem in den westlichen Bundesländern, in denen der Tourismus eine bedeutende Rolle spielt, allen voran Tirol und Salzburg."

Jugendliche mit dem Berufswunsch Kellnerin beziehungsweise Kellner müssen sich ebenfalls keine Sorgen um eine Lehrstelle machen. Auf 678 offene Lehrstellen kamen hier österreichweit im Vorjahr nur 153 Lehrstellensuchende. Und auch für Wirtschafter- und innen, Hotel- und Gaststättenfachleute sowie Heimverwalter und -innen lässt sich der Markt verhältnismäßig leicht erobern: Auf 241 offene Lehrstellen kamen nur 52 Lehrstellensuchende in diesen Bereichen. Verglichen mit den Daten von September zeigt sich, dass die Lehrlingsnachfrage in allen genannten Bereichen unverändert hoch geblieben ist. Bei bereits ausgebildeten Fachkräften mit Lehrabschluss fehlen hingegen in erster Linie Elektroinstallateure, gefolgt von den üblichen Verdächtigen: Neben Kellnerinnen und Kellner auch Gaststättenköchinnen und -köche.

Ein Viertel weniger Lehrlinge als vor 30 Jahren

Gab es vor 30 Jahren in Österreich noch 175.000 Lehrlinge, sind es heuer nur mehr rund 126.000, also mehr als ein Viertel weniger. Ein Lehrlingsmangel-Problem gebe es in Österreich derzeit aber nicht, erklärt Sabine Putz vom AMS. 2012 kamen insgesamt auf 3.800 sofort verfügbare, offene Lehrstellen 5.500 sofort verfügbare Lehrstellensuchende. Grund zur Unbekümmertheit ist das nicht. "Der demografische Druck ist groß, es kommen immer weniger 15-Jährige nach und es gibt einen Trend in Richtung höhere Schulbildung", führt Alfred Freundlinger aus, Referent der Abteilung für Bildungspolitik der Wirtschaftskammer Österreich (WKO). Gleichzeitig haben sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr Betriebe von der Lehrlingsausbildung zurückgezogen, was zu weniger verfügbaren Lehrstellen führt und in Folge zu einem Fachkräftemangel. "In bestimmten Branchen kommt sicher noch ein verstärkter Fachkräftemangel auf uns zu. Es gibt ja schon eine Mangelberufsliste, die es Betrieben problemlos möglich macht, Fachkräfte aus Drittstaaten zu holen", erklärt Ernst Haider vom AMS. "Viele Betriebe aber denken wieder mehr in die Richtung, Facharbeiter selbst auszubilden, um nicht auf den Auslands-Umweg angewiesen zu sein."

Um die Lehrausbildung attraktiver zu machen, beschloss die Regierung unter anderem 2008 die Einführung der "Lehre mit Matura", eine Aktion, die mittlerweile rund 10.400 Lehrlinge nutzen. Alfred Freundlinger von der WKO sieht weiteren bildungspolitischen Handlungsbedarf, um das Image der Lehre aufzuwerten: "Mit dem Pflichtschulabschluss sollte ein gewisses Bildungsniveau garantiert sein. Derzeit siebt die Schule zu sehr aus. Wer nicht mitkommt und sich auch keine Nachhilfe leisten kann, bleibt zurück." Freundlinger fordert außerdem mehr Möglichkeiten zur Berufsorientierung. "Sehr oft wird der falsche Weg gegangen. Etwa 30 Prozent der Lehrlinge kommen aus der Polytechnischen Schule, die ja die eigentliche Zubringerschule ist. Die meisten Lehrlinge sind mittlerweile Schulabbrecher, die aus anderen Schultypen herausgefallen sind. Die Lehre ist ihr Plan B. Das ist ein schmerzensreicher Umweg, der nicht sein müsste", so Freundlinger.

Engpässe am Lehrstellenmarkt

Derzeit entscheiden sich 41 Prozent der Jugendlichen nach dem Ende der neunjährigen Schulpflicht für eine Lehre. Während Mädchen meistens Einzelshandelskauffrau, Bürokauffrau oder Friseurin werden wollen, stehen bei Burschen die Berufe des Metalltechnikers, des Elektroinstallateurs, sowie des Kfz-Technikers an der Spitze der Beliebtheitsskala. Das kann durchaus zu Engpässen am Lehrstellenmarkt führen: Für Kfz-MechanikerInnen kamen im Vorjahr auf eine offene Lehrstelle im Schnitt neun bis zehn Bewerber. Putz rät, sich dann in ähnlichen Berufen nach Lehrstellen umzusehen und kritisiert, dass es bei der Berufswahl in Österreich nach wie vor eine starke Zementierung der Geschlechtertrennung gebe: "Das ist sowohl für Betriebe, als auch für die Lehrlinge schlecht. Wenn Technik-Betriebe schreien, es gebe einen Fachkräftemangel etwa in IT-Berufen oder bei den Werkzeugmachern, dann lässt man viel Potential liegen, wenn man Mädchen nicht anspricht." Außerdem sollten Frauen bedenken, dass in den "Männerberufen" die Lehrlingsentschädigung und die Bezahlung laut Kollektivvertrag höher angesetzt seien als in den "Frauenberufen".

Schülerinnen und Schüler, die sich nicht für einen Lehrberuf entscheiden können, rät Putz, sich in den AMS-Berufsinfozentren schlau zu machen. Auf karrierevideos.at stellt das AMS Berufe vor, der Online-Test "Jugendkompass" soll mittels Fragebogen ebenfalls bei der Wahl des passenden Lehrberufs helfen. Das AMS-Qualifikations-Barometer bietet neben Detailinformationen einen Überblick über Trends in verschiedenen Berufsbereichen. Über die Lehrstellenbörse lassen sich offene Lehrstellen finden.

Wo gerade viele Lehrlinge gesucht werden und wo nicht, sollte bei der Berufswahl im ersten Schritt keine Rolle spielen, sagt Putz. Wichtiger seien Kriterien wie die eigenen Talente, oder die Frage, ob der Beruf einen langfristig ernähren kann. "Sicher, wenn jemand Hufschmied werden möchte, dann wird das schwierig, da gibt es nur drei Lehrstellen", wägt Putz lächelnd ab. "Aber wenn man etwas unbedingt will, kann man einem Betrieb auch anbieten, Schnuppern zu kommen und mit Engagement seine Chancen vielleicht erhöhen." (Sandra Nigischer, derStandard.at, 27.10.2013)