Bild nicht mehr verfügbar.

Rasmus Borkowski als Frank Abagnale Junior.

Foto: APA/Neubauer

Wien - Als das Tragen von Uniformen noch geholfen hat: Für Frank Abagnale, den legendären amerikanischen Trickbetrüger, reichte in den 1960er-Jahren noch das jeweils richtige Outfit, um als Flugzeugpilot, Arzt oder Anwalt zu reüssieren. Als talentierter Scheck- und Dokumentenfälscher hielt der junge Mann das FBI auf Trab (heute steht er in dessen Dienst) und hat so zwei Millionen US-Dollar auf Kosten anderer verprasst.

Steven Spielberg widmete ihm mit Leonardo DiCaprio in der Hauptrolle ein filmisches Denkmal. Das gleichnamige Musical Catch Me If You Can hat nun als europäische Erstaufführung die Kammerspiele der Josefstadt wiedereröffnet.

Nach einer Generalsanierung der Josefstadt-Dependance in der Rotenturmstraße zeigt diese nun, was sie hat: eine größere Bühne, einen Orchestergraben, einen erweiterten Backstagebereich. Mit Showtreppen, Revuetänzen und einer stattlichen Besetzungsliste schöpft Regisseur Werner Sobotka aus dem Vollen, und nach mehr als drei Stunden (und 19 Songs von Marc Shaiman) endet alles als Zuckerguss-Show, die in ihrer Plattheit und mit ihrer Musical-Patina enttäuscht.

Der Abend - der Standard sah die Voraufführung am Mittwoch - ist das schlechteste Argument für eine neu durchstartende Sprechtheaterbühne, die sich zwar immer um den angelsächsischen Raum verdient gemacht hat, deren Selbstverständnis aber im Schauspieltheater liegt.

Es scheint die Crux des Musicalgenres an sich zu sein, dass es derzeit kaum eine zeitgenössische Form findet, die gesellschaftliche Relevanz mit Unterhaltung zu verbinden vermag. Die rotzfreche und herrlich nacherzählbare Ego-Show Catch Me If You Can (Buch: Terrence McNally) verlangt aber nach Überlegungen, will man nicht in plattem Sexismus und überkommenem Paternalismus steckenbleiben. Das geschieht jedoch in den Kammerspielen.

Hilflos eindimensional ist das Frauenbild (piepsendes Püppchen oder Vamp), einfallslos wirkt die Sixties-Anbetung in historischen Kostümen. Und auch reichlich simpel ist der unaufhaltsame Aufstieg des Gauners und Frauenhelden argumentiert: Dass Pin-up-Stewardessen einem Mann in Pilotenuniform reihenweise verfallen, dagegen dürften nicht nur vonseiten des AUA-Personals Zweifel erhoben werden. Selbst wenn Rasmus Borkowskis schelmisch-unschuldige, gerissen-libertine Interpretation des Frank Abagnale ganz überzeugt.

Martin Berger gibt einen drollig-getriebenen FBI-Agenten, Axel Herrig und Karin Seyfried sind ein altmodisches Elternpaar, und Lisa Habermann erfüllt als Brenda den zuckerlrosaroten Traum eines braven Mädchens. Den Kammerspielen hätte man einen weniger platten Eröffnungsabend gewünscht. (Margarete Affenzeller, DER STANDARD, 25.10.2013)