Oma mochte den Jaguar XKR Cabrio.

Foto: Andreas Stockinger

Oma hat Autos sehr gemocht. Sie selbst oder der Opa haben nie eines gehabt, umso mehr genoss sie es, chauffiert zu werden.

Kleine Strecken durch die Stadt waren auch schon schön und entlockten ihr lobende Worte, verließen wir die Stadt zu einem Ausflug, ließ sie sich aber zu Begeisterungskundgebungen hinreißen. Vor allem wegen der Natur. Anders als Tante Anna, die von Spätfrühling bis Frühwinter gerne anerkennend zu sagen pflegte: "Der Herbst ist doch der schönste Maler", schilderte Oma detailreich, was sie sah und was das in ihr auslöste.

Wenn es denn die richtige Temperatur im Auto hatte. War es zu warm, konnte sie richtiggehend unlocker werden und dem auch Ausdruck verleihen, wusste sie doch, dass man ihr mutwillig etwas vorenthielt - die Klimaanlage nämlich. Auch zu kalt mochte sie nicht, im Auto braucht man beim Heizen nicht zu sparen. Teure Autos mochte sie besonders, ihnen zollte sie wirklich Respekt. Wenn es Testautos waren. Dass man ihren Enkerln solche Autos anvertraute!

Nordsee, Wienerwald und Sodoma

Die Ausflüge waren kilometermäßig überschaubar: zum Sodoma nach Tulln, zum Lustigen Bauern nach Zeiselmauer, zur Alten Schule nach Riedenthal. Und wenn sie dem Koch zum Fisch gratulierte, weil der jetzt fast schon so gut war wie bei der "Nordsee" (neben dem "Wienerwald" ihr Lieblingslokal in Wien), und die können wirklich gut Fisch machen, erklärte sie, dann musste man da widerspruchslos durch. Sie zahlte.

Die Strafmandate zahlte sie nicht, sie war allergisch auf Geldverschwendung. Jaguar mit 400 PS war super, aber man musste langsam fahren, wegen der Polizei. Oma wurde 96, sie war fast bis ganz zuletzt stark und wach und aufmerksam, der letzte Ausflug ist nicht lange her. (Michael Voelker, DER STANDARD, 31.10.2013)