In die Eizelle des Afrikanischen Krallenfrosches wurde in den 1950er-Jahren erstmals erfolgreich ein Zellkern einer Körperzelle implantiert.

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Menschen klonen - das klingt nach Frankenstein und Science-Fiction. Tatsächlich wurde es aber im Mai dieses Jahres Realität: Amerikanischen Forschern gelang es erstmals, einen geklonten menschlichen Embryo herzustellen. Die Technik, die sie dazu verwendeten - den sogenannten Kerntransfer - ist allerdings nicht ganz neu. Sie wurde schon in den 1950er-Jahren vom britischen Entwicklungsbiologen Sir John Gurdon erstmals erfolgreich angewendet. 2012 wurde er dafür gemeinsam mit Shinya Yamanaka mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.

In seinem bahnbrechenden Experiment entfernte er aus einem unbefruchteten Ei eines Frosches den Zellkern und damit die gesamte Erbinformation. Dann schleuste er den Zellkern einer Froschdarmzelle in das leere Ei, und tatsächlich begann sich das Ei zu entwickeln.

Es entstand erst eine Kaulquappe, dann ein Frosch - genetisch zu hundert Prozent ident mit dem Spender der Darmzelle. Gurdon schloss daraus, dass es Faktoren in der Eizelle geben muss, die die DNA einer ausgereiften Zelle "zurückprogrammieren" können. Die Zelle also zu einer sogenannten totipotenten Stammzelle macht, aus der wieder jegliches Gewebe neu entstehen kann. Heute weiß man, dass diese Faktoren auch bei einer normalen Befruchtung durch ein Spermium essenziell sind, um die die neuerliche Entwicklung der Zelle zu einem vollständigen Individuum zu ermöglichen.

Gurdon wählte für sein erstes Klonexperiment den Afrikanischen Krallenfrosch (Xenopus laevis), eine wesentliche Grundlage für seinen Erfolg. Der Frosch produziert tausende und vor allem sehr große Eizellen, mit bis zu einem Millimeter Durchmesser. Sie sind ideal für ein Kerntransfer-Experiment. Die Eizellen der meisten anderen Spezies erwiesen sich allerdings als weit weniger geeignet. So gelang erst 40 Jahre später das Klonen eines Säugetiers. 1996 wurde das legendäre Klonschaf Dolly geschaffen, zwei Jahre später die erste geklonte Maus, und nun auch der erste menschliche Embryo.

Potenzial identer Zellen

Der Grund für die intensiven Bemühungen um die Erschaffung von geklonten Organismen ist aber nicht die Utopie vom eigenen Doppelgänger. Vielmehr ist es das hohe therapeutische Potenzial der Stammzellen, aus denen der frühe Embryo besteht. Da sich die totipotenten embryonalen Zellen zu jeglichem Zelltypus entwickeln können, stellen sie das ideale "Ersatzteillager" dar. Das Ziel der Nachfolger Gurdons ist es, diese gezielt zu dem Gewebe zu machen, das in einem Patienten erkrankt ist und es zu ersetzen. Zusätzlich hätten die Zellen den Vorteil, nicht von einem fremden Spender, sondern aus einer patienteneigenen Körperzelle zu stammen und somit genetisch absolut ident zu sein. Lebensgefährliche Abstoßungsreaktionen sind damit auszuschließen, auf die ständige Unterdrückung der Immunabwehr könnte verzichtet werden.

Um den technisch schwierigen Kerntransfer, aber auch die ethisch problematische Arbeit mit menschlichen Embryonen zu umgehen, suchen Forscher schon seit einiger Zeit nach einem Weg, die Reprogrammierung der DNA, die normalerweise die Eizelle auslöst, künstlich herbeizuführen und so die begehrten Stammzellen zu gewinnen. Tatsächlich gelang es der Forschergruppe rund um Shinya Yamanaka 2006, die entscheidenden Faktoren für diesen Vorgang zu identifizieren.

Sie aktivierten die Gene in Bindegewebszellen von Mäusen und konnten sie so wieder in embryonale Zellen verwandeln, in "induzierte pluripotenten" Zellen. Bis heute erforscht Gurdon an dem nach ihm benannten Institut in Cambridge die Faktoren, die DNA reprogrammieren können. Er war Rahmen der Max-Birnstiel-Vortragsreihe zu Gast am Wiener Institut für molekulare Pathologie. (Julia Riedl, DER STANDARD, 13.11.2013)