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Staatssekretär Reinhold Lopatka (li.) und Ex-Minister Wilhelm Molterer haben "höchstes Interesse an Aufklärung".

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Verdacht auf Geldwäscherei und Beihilfe zur Untreue: Diesem Vorwurf müssen sich nicht nur Staatssekretär Reinhold Lopatka und Ex-Finanzminister und Parteichef Wilhelm Molterer, sondern die gesamte Volkspartei stellen. Dass nun erstmals auf Basis der Verbandsverantwortlichkeit gleich gegen eine ganze Partei ermittelt wird, ist ein Novum.

Dem Magazin "Format" liegt eine staatsanwaltschaftliche Anordnung vom 17. Oktober 2013 vor: Der ÖVP wird darin vorgeworfen, Telekom-Geld zur illegalen Wahlkampffinanzierung angenommen zu haben.

"Normaler Auftrag"

Die Mittel sollen über die Werbeagentur "The Whitehouse" geflossen sein. Ein Sprecher der Agentur betont, Whitehouse habe lediglich aufgrund eines normalen Auftrags 2008 den Jugendwahlkampf der ÖVP geleitet. Man habe "einen normalen Job, den Jugendwahlkampf der Jungen ÖVP, durchgeführt und den auch korrekt abgerechnet. Zu keinem Zeitpunkt wussten wir, dass es sich hierbei um Telekom-Gelder handelte", erklärt der Sprecher im Gespräch mit dem STANDARD.

Die Agentur habe am 21. Juli die Kampagne "no bubbles, no troubles" präsentiert und wurde mit der Realisation beauftragt. Zwischen 25. August und 29. September stellte Whitehouse an die ÖVP Bundespartei 15 Rechnungen in Höhe von rund 94.000 Euro. 62.000 Euro wurden überwiesen, dann wurde mitgeteilt, dass "die von uns erbrachten Leistungen von der Valora AG übernommen werden". Man sei aufgefordert worden, Peter Hochegger eine Rechnung von 96.000 Euro zu stellen und alle der ÖVP-Bundespartei bis dahin in Rechnung gestellten Leistungen gutzuschreiben.

Die 62.000 Euro der Bundespartei seien nach Einlangen der Zahlung durch die Valora zurücküberwiesen worden, die Differenz zwischen der Valora-Rechnung und den erbrachten wie verrechneten Leistungen in Höhe von gut 2000 Euro sei als Gutschrift für die Junge ÖVP stehen geblieben.

"Altbekannte Vorwürfe"

Aus der ÖVP heißt es, es handle sich "um altbekannte Vorwürfe aus einer Zeit, die viele Jahre zurückliegt." Natürlich habe man höchstes Interesse an Aufklärung.

Die Anordung der Staatsanwaltschaft Wien an das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung geht auf Aussagen von Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer und dem ehemaligen ÖVP-Kampagnenleiter Michael Fischer zurück. Lopatka betont in einem Statement an den STANDARD, dass er im Oktober vom Bundesamt für Korruptionsbekämpfung einvernommen wurde. Seine Ladung war der Beschuldigten-Einvernahme von Fischer geschuldet, "in der dieser die vage Vermutung geäußert hat, dass er bezüglich des Wahlkampfes 2008 vielleicht mit mir oder drei anderen Gesprächspartnern in Kontakt war". Allerdings sei er mit Jahresende 2006 aus der Geschäftsführung der ÖVP ausgeschieden.

"Ab 2007 hatte ich kein Nationalrats-Mandat, keine hauptamtliche oder ehrenamtliche Funktion in der Bundes-ÖVP inne und war somit im Wahlkampf 2008 weder mit den Finanzen, der Organisation des Wahlkampfes noch des Jugendwahlkampfes der ÖVP betraut." Die Vorwürfe seien somit unrichtig, erklärt Lopatka. Molterer war nicht zu erreichen.

Beiden droht bei einer Anklage bis zu zehn Jahre Haft, der ÖVP, die als "verdächtiger Verband" nicht eingesperrt werden kann, eine Geldstrafe. Lopatka, ehemaliger ÖVP-Generalsekretär, koordiniert derzeit die laufenden Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ. Molterer ist Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank (EIB).

Neues Gesetz: Unternehmen unter Strafe stellen

Das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz wurde vor wenigen Jahren geschaffen, es ermöglicht, ganze Unternehmen unter Strafe zu stellen. Das sei nötig, um zu verhindern, dass Verantwortung innerhalb eines Unternehmens abgeschoben wird, weil jeder nur einen kleinen Teil gewusst hat – und so niemand zur Verantwortung gezogen werden kann, erklärt Ex-Rechnungshofspräsident Franz Fiedler. "Es gibt jetzt sowohl die individuelle Schuld als auch die Schuld der Organisation, etwa wenn die interne Kontrolle versagt."

Die Vorwürfe waren bereits bekannt: Die Staatsanwaltschaft Wien hatte im Juli erklärt, dass es im Zuge der Telekom-Affäre Ermittlungen wegen möglicher Parteispenden in Richtung ÖVP und SPÖ gebe. Auch während des Telekom-Prozesses rund um Zahlungen an das BZÖ sprach der Lobbyist Peter Hochegger von Zahlungen an Firmen im Umfeld der Koalitionsparteien. (nik, derStandard.at, 21.11.2013)