Kroatien hat ein Säkularismus-Problem. Ein großer Teil der Bevölkerung kann offenbar nicht verstehen, dass die zivile Ehe nichts mit religiösen Vorstellungen zu tun hat, etwa mit katholischen Vorstellungen von Ehe und Schöpfungsglauben. Ein großer Teil der Bevölkerung hat offenbar auch noch nicht verstanden, dass die religiösen und zivielen Sphären auseinander gehalten werden müssen, damit es zu keinen Diskriminierungen kommt und jeder vor dem Gesetz gleich behandelt wird.

Die Initiative „Im Namen der Familie“, die nun ein Referendum initiiert hat,  mit dem in Verfassung festgeschrieben werden soll, dass die zivile Ehe eine exklusive Institution zwischen Mann und Frau sein soll, tut zwar so, als ob sie überkonfessionell agieren würde, sie hat aber zum Ziel die katholische Kirche über dieses Referendum noch stärker in der kroatischen Politik zu verankern. Dabei geht es schlichtweg um Macht und Einfluss. Die Leute, die hinter dem Referendum stehen, glauben auch, das Recht zu haben, einem ganzen Land ihre Vorstellungen aufdrücken zu können, ohne Respekt und Achtung gegenüber jenen, die anders sind als sie.

Das Problem sitzt tief. In einem Land wo die kirchliche Trauung auch zivilrechtliche Wirkung entfaltet, sind die Sphären tatsächlich zu wenig getrennt. Das kroatische Beispiel könnte ein Anlass dafür sein, die Zivilehe und die kirchliche Ehe im gesamten EU-Europa strikt zu trennen. Denn die zivile Ehe ist historisch betrachtet eine schwer erkämpfte Institution, und jede Wieder-Anbindung an religiöse Vorstellungen oder kirchliche Institutionen, ist ein historischer Rückschritt. Das zu verhindern, sollte allen ein Anliegen sein, die sich universellen Werten und den Menschenrechten verpflichtet sehen.

Denn das Referendum gegen die Homo-Ehe ist im Kern eine menschenfeindliche Kampagne, die sich gegen alle Schwule und Lesben richtet, die im stark homophoben Südosteuropa ohnehin diskriminiert und ausgegrenzt werden. Eine Mehrheit richtet sich hier gegen eine Minderheit, die in der Vergangenheit gewaltsamer Verfolgung ausgesetzt war. Und das ist barbarisch. (Adelheid Wölfl, derStandard.at, 25.11.2013)