Urbane Versatzstücke in einem orchestrierten Stadtkonzert: Einblick in die Ausstellung von Thomas Bayrle.

Foto: Galerie Mezzanin

Wien - Man kann nicht umhin, an Jacques Tati und seinen Film Trafic (1971) zu denken: Die Kritik des französischen Regisseurs galt darin der zunehmenden Automobilisierung, die er unter anderem mit der Personifizierung von Scheibenwischern verballhornte.

In der Ausstellung von Thomas Bayrle (und Sunah Choi) in der Galerie Mezzanin begegnet man ebenfalls einem solchen Scheibenwischer (Dirigent): Er steht in der Mitte des Raums und besteht neben Scheibenwischblättern aus einer simplen Metallkonstruktion und einem elektrischen Motor.

Der Sound von Eric Satie setzt der genialen Skulptur das i-Tüpfelchen auf. Das Objekt orchestriert ähnlich wie ein Verkehrspolizist die Wiener Version des Bayrle'schen Carmageddons: Der Titel verweist auf ein Computerspiel mit rasenden Boliden; beim Objekt handelt es sich um aus Karton gefertigte, leicht abstrahierte Straßenzüge und Kreuzungen, die er im Vorjahr bei der Documenta 13 als riesige Wandarbeit installierte.

Für Wien hat der 1937 in Berlin geborene Künstler daraus einzelne Elemente gewählt: Das wirkt zwar nicht mehr ganz so armageddonartig, aber in ihrer grauen Serialität erzählen auch sie von Massenproduktion, Fließbandarbeit und der Wiederholung des immer Gleichen, ein für Thomas Bayrle "emblematischer Charakterzug moderner Gesellschaften".

Um diese Strukturen vor Augen zu führen, hat Bayrle auch immer wieder auf die Reproduktion als ein Grundprinzip seiner künstlerischen Arbeit gesetzt: Neben einer wandfüllenden Stadttapete (2012), die in ihrer chaotischen Kleinteiligkeit beeindruckt, hat er 1984 auch seine fast lebensgroße Josephine Baker aus Schwarz-Weiß-Kopien zusammengesetzt.

Angesichts der legendären Tänzerin kommt man außerdem dem etwas kryptischen Ausstellungstitel Josephine Meets Sunah näher - schließlich werden in der Schau auch Werke der mittlerweile in Wien lebenden Künstlerin Sunah Choi präsentiert. Sie hat bei Thomas Bayrle an der Städelschule in Frankfurt studiert und zeigt Cyanotypien (Wiener Blau#5,8,15,27) und zwei Skulpturen, bei denen sie - im Gegensatz zu ihrem Lehrer - jedoch auf einen sehr reduzierten Einsatz urbaner Versatzstücke setzt. (Christa Benzer, DER STANDARD, 28.11.2013)