"Cleaning, babysitting, I help in the house - 7 Euro".

Foto: Jürgen Fehrmann

"Was kannst du?" - "Hast du eine Arbeitserlaubnis?" - "Was kostest du?" Im Berliner Theater Hebbel am Ufer (HAU) gastiert derzeit der ganz normale Wahnsinn des Arbeitsstrichs. Die Wiener Performance-Gruppe God's Entertainment verunsichert das Publikum in der deutschen Hauptstadt mit der Uraufführung von Cleaning, babysitter, I help in the house - 7 Euro. Im Frühjahr heißt es unter diesem Titel auch im Wiener Wuk unter anderem: "Ich brauche noch jemanden, der einen Beichtstuhl bauen kann!"

Beichtstuhl? Ist ein linksliberales Publikum, das sich so ein Stück anschaut, wirklich zu verunsichern? Schließlich spendet es am Ende zustimmend Beifall und findet das Thema Arbeitsstrich relevant. God's Entertainment, seit seiner Festwochen-Aktion Österreicher, integriert euch im Vorjahr vor allem im FPÖ-Milieu unbeliebt, schafft das. Denn sind hier richtige "Arbeitsstricher" im Spiel. Sie erhalten für ihre Performancearbeit lediglich eine Gage in der Höhe der Kosten für eine Theaterkarte.

Das irritiert und weist darauf hin, dass eine weltanschauliche Haltung allein niemanden mehr davor bewahrt, indirekt ein Ausbeutungssystem mitzufördern, das ganz Europa durchseucht. Müssen wir also jetzt alle beichten und büßen? Nicht bei God's Entertainment. Der Beichtstuhl wird zwar zusammengebaut. Aber eine im Stück beschäftigte Arbeitskraft ist es, die ihre Schwarzarbeitssünden bekennen muss.

Als Buße wird sie aufgefordert, einem der Steuerzahler im Publikum einen bestimmten Betrag an Entschädigung "zurückzuzahlen". Und so passiert's auch. Das schmerzt. Und passt zu der unheimlichen Freundlichkeit, mit der das ganze Stück von Beginn an abläuft, wenn die Besucher an einer Reihe netter Leute aus aller Herren Länder vorbeigehen und mit Lächeln und Hallo begrüßt werden. Dann, im Theater steht ein junger Mann an einem Pult und weist den Ankommenden je nach Beruf Sitzreihen zu. Da erfährt man, welche Berufsgruppen im Hebbel verkehren. Alle, von Akademikern bis Harz-IV-Empfängern - aber Arbeiter sind nicht dabei. Sind die ausgestorben?

Nein. Es gibt sie noch. Sie machen ja das Zeug, in und mit dem wir alle leben. Politisch haben sie allerdings, seit sich die Sozialdemokratie von ihnen abgewandt hat, keine Vertretung mehr. An diese Wunde rührt God's Entertainment ohne Nachsicht. Da wird gejausnet und getanzt, bevor es auf die Baustelle geht. Ein NPD-Plakat wird geklebt, darauf steht "Heimreise statt Einreise". Ah, das erinnert doch an Österreich! Welche Partei ist da derzeit die umfragestärkste? Und ein Text wird projiziert: "Wir bauen ein anderes Theater, in dem die Zuschauer aufhören, nur Zuschauer zu sein."

Das geschieht in dieser exzellenten Performance auf jeden Fall. Der emanzipierte Zuschauer, wie ihn der französische Philosoph Jacques Rancière so schön ausgeleuchtet hat, sitzt in der Falle. Dort war er schon vor 13 Jahren bei Christoph Schlingensiefs Intervention Ausländer raus! vor der Wiener Staatsoper. Jetzt erinnert God's Entertainment daran, dass man es sich in einer Falle nicht ungestraft gemütlich machen kann. (Helmut Ploebst, DER STANDARD, 21./22.12.2013)