Demokratie ist ja eine feine Sache - wenn es keine Wahlen geben würde. Denn die sorgen dafür, dass grundvernünftige Dinge nur in einem kurzen Zeitfenster beschlossen werden können. Unmittelbar nach den Urnengängen nämlich. Gott sei Dank wird das derzeit genutzt: bei der Schließung von Polizeiinspektionen.

Man braucht keine ausufernde Fantasie, um zu wissen, was passiert. Polizeigewerkschaft, FPÖ und Wiener VP werden den völligen Zusammenbruch voraussagen und vor durchs Land ziehenden marodierenden Banden warnen; arme verängstigte Bürger werden Odysseen auf sich nehmen müssen, bis sie endlich einen Polizisten finden.

Was für ein Schwachsinn, besonders in Wien. Ein Beispiel: Entlang der aufeinanderfolgenden U-Bahn-Stationen Westbahnhof, Schweglerstraße und Johnstraße finden sich drei Inspektionen. Fahrzeit zwischen Westbahnhof und Johnstraße: drei Minuten. Wählt man den Notruf, kommt ohnehin nicht der Inspektor aus dem Wachzimmer ums Eck, sondern die Funkstreife oder geschulte Einheiten.

Und wem das noch nicht an Argumenten reicht, sollte den höchst unösterreichischen Blick über den Tellerkappenrand wagen: In München gibt es nur ein Viertel der Wiener Polizeidienststellen, in Berlin können Anzeigen auch via Internet gemacht werden. Ganovenstreichler werden die dortigen Politiker nicht sein. Aber sie haben wohl weniger Angst vor Wahlen. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 4./5.1.2014)