Ines (Sinikka Schubert) genießt die Boulevardschlacht.

Foto: Sepp Gallauer

Wien - Im Theater muss der Zuschauer klassischerweise das von der Aufführung Behauptete anerkennen. So wird der Bühnenraum des Wiener Stadttheaters Walfischgasse dank einer zentral platzierten Couch leicht als jenes Wohnzimmer akzeptiert, in dem die Protagonisten von Yasmine Rezas Drei Mal Leben ihre Sträuße ausfechten.

Auch dass Oliver Baier trotz aller Unverkennbarkeit von seinen Kollegen als Henri angesprochen wird, geht in Ordnung. Die aus dem Off schreiende Frauenstimme als das Quengeln eines sechsjährigen Buben anzunehmen fällt schon schwerer. Die Königsdisziplin ist es jedoch, anhand von Michael Gampes Inszenierung nachzuvollziehen, wie sich Reza unangefochten als meistgespielte zeitgenössische Dramatikerin etablieren konnte. (Demnächst setzt das Wiener Josefstadt-Theater Rezas Kunst auf den Programmzettel.)

Drei Mal Leben ist die Geschichte zweier Paare. Da wären der Rundrücken Henri, ein mäßig erfolgreicher Wissenschafter, und seine kühle Frau Sonja (Barbara Horvath), die von der abendlichen Unruhe ihres Kindes aufgerieben werden. Sie bekommen - einen Tag früher als erwartet - Besuch von Hubert und Ines (Nicolaus Hagg und Sinikka Schubert). Henri erhofft sich von Hubert Unterstützung bei der Karriere, dieser erfreut sich jedoch lieber am Leid des allzu Servilen und stellt beiläufig Henris Arbeit der letzten drei Jahre infrage. Es kommt zum erwartbaren Gefecht der oberen Mittelschicht, bis Hubert und Ines das Schlachtfeld verlassen.

Noch eine Runde

Anschließend dreht Reza die Zeit zurück und lässt die beiden Paare noch zweimal mit geänderter Haltung aufeinandertreffen. Bei der ersten Wiederholung fließt mehr Alkohol, und Hubert bringt sein Begehren gegenüber Sonja deutlicher zum Ausdruck. In der letzten Runde tritt Henri entspannter auf, die Figuren werden bis zum Ende dieses kürzesten Akts von einer schwer fassbaren Melancholie und Leere ergriffen.

Das ist wohldurchdacht und pointiert formuliert, die Aufführung scheitert jedoch daran, die Feinheiten und Wandlungen der Charaktere und Beziehungen so herauszuarbeiten, dass diese stets nachvollziehbar bleiben. Schließlich verliert so auch die gesamte Konstruktion der wiederholten Konfrontation ihren Reiz. Höflicher Applaus. (Dorian Waller, DER STANDARD, 17.1.2014)