Es ist schon ein merkwürdiges Phänomen: Wann immer eine Diskussion über Bundesländer, Landeshauptleute oder den Föderalismus hochkocht, brennen selbst bei liberalen Geistern oft die Sicherungen durch. Da ist mit einem Schlag viel Häme in der Debatte. Tenor: am besten alles jenseits von Mödling abschaffen und einer Wiener Zentralverwaltung unterstellen. Auch jetzt, als die ÖVP-Landeshauptleute wieder einmal Steuerhoheit für die Länder einforderten, brach in diversen Foren reflexartig ein Shitstorm über die Landespolitiker herein. Gemach, gemach, ist man da versucht entgegenzuhalten. Irgendwann sollte die zumeist argumentationsfrei geführte Debatte auf den Boden gebracht und auch die aktuelle Frage der Steuerhoheit einmal emotionslos für mögliche positive Aspekte geöffnet werden.

Das Beispiel Schweiz gibt etwa Hinweise, dass sich regionale Steuerhoheiten auch auszahlen. Wenn lokale Regierungen Steuern einheben, sind sie auch beim Geldausgeben vorsichtiger. Derzeit jonglieren Provinzpolitiker mit "fremdem" Geld und, wie die Erfahrung zeigt, zum Teil sehr, sehr sorglos, weil sie glauben, für das Bundesgeld nicht verantwortlich zu sein. Ein bisschen Wettbewerb zwischen den Ländern kann schließlich auch nicht schaden. Das macht die Bürokratie flinker und effektiver.

Und vielleicht gelänge es über die steuerliche Hintertür sogar, die längst fällige Verwaltungsreform anzustoßen. (Walter Müller, DER STANDARD, 8.2.2014)