Ja, vor dem glatten Wiener Parkett sei er gewarnt worden, sagte Matthias Hartmann fröhlich, aber ausgerutscht sei er noch nicht. Das war zu seinem Einstand am Burgtheater im Herbst 2009. Nun scheinen die Bühnenbretter ziemlich vereist zu sein. Die Opposition fordert seinen Kopf. Aus der Schweiz tönt auch keine gute Nachrede: Er habe zu Beginn Verluste gemacht und erst in seiner letzten Spielzeit am Zürcher Schauspielhaus Gewinne geschrieben. Nun droht der Burg für das Geschäftsjahr 2012/13 ein Bilanzverlust von 8,3 Millionen Euro, dazu könnten weitere fünf Millionen Steuerschulden kommen. Ein zutiefst frustriertes Ensemble hat seinem Chef, der sich selbst ein cholerisches Gemüt attestiert, das Misstrauen ausgesprochen und SP-Kulturminister Josef Ostermayer um Hilfe gebeten.

Die Forderung: Transparenz und Ende der Kündigungen. Zwar konnte Hartmann die Besucherzahlen (von 390.259 auf 430.653) und die Ticketeinnahmen (von 6,21 auf 7,49 Millionen Euro) merklich steigern, dennoch musste er beim Personal einsparen und verkleinerte es um mehr als ein Drittel. Zuletzt wurden sogar Verträge von Stars wie Udo Samel und Corinna Kirchhoff nicht verlängert.

Georg Springer, Geschäftsführer der Bundestheaterholding, sagte im ORF-Kulturmontag, die Staatsoper sei drastisch unterfinanziert, die Volksoper am Rand des Überlebens, die Burg verschuldet: "Bei den anderen Häusern ist noch nichts passiert. Warum ist beim Burgtheater so viel passiert? Dies gilt es aufzuklären."

Exakt. Diese Frage sollte sich der Bundestheatergeneral als oberste Kontrollinstanz der drei Häuser gleich einmal selbst stellen. Es ist billig, sich an der ehemaligen kaufmännischen Direktorin abzuputzen. Silvia Stantejskys kreativer Abschreibungsmodus und die Löcher-auf-Löcher-zu-Buchführung hätten einem funktionierenden internen Controlling wie auch den externen Wirtschaftsprüfern auffallen müssen und nicht erst einem von Hartmann zurate gezogenen Experten aus Deutschland. Auch dass Stantejsky offenbar immer wieder vergaß, bei Auslandshonoraren die Quellensteuer einzubehalten, wäre ein klarer Fall für die Holding gewesen. Nun bastelt Springer, gemeinsam mit Aufsichtsratsvorsitzendem Max Kothbauer, an Sparvarianten.

Angedacht wird, das Kasino am Schwarzenbergplatz als dritte Spielstätte wegzurationalisieren. Sollte man nicht eher überlegen, ob Verwaltungsbüros und Kostümschneidereien tatsächlich auf tausenden Quadratmetern im Hanuschhof in bester Innenstadtlage residieren müssen?

Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Und doch: Fürs Milliardengrab Hypo Alpe Adria wird der Finanzminister reichlich Steuergeld lockermachen. Die Kunstschaffenden der Kulturnation Österreich hingegen müssen sich im wunschlosen Glücklichsein üben, wenn das Kulturbudget - 0,2 Prozent der Staatsausgaben - wenigstens gleich bleibt.

Ostermayer hat sich hoffentlich nicht auf kulturelle Schönwettertermine nach seiner Tagesarbeit als Kanzleramtsminister gefreut. Denn er wird Versäumnisse seiner Vorgänger und Vorgängerinnen ausbaden und (nicht nur über der Burg) einige Rettungsschirme aufspannen müssen. Wer, mit zwei Ausnahmen, 17 Jahre keine Budgeterhöhung gewährt, handelt fahrlässig und darf sich nicht über - unbestritten patscherte - Versuche wundern, das Theaterwerkl mit halblegalen und illegalen Methoden am Laufen zu halten. (Andrea Schurian, DER STANDARD, 19.2.2014)