"Kein Buchhalter": Matthias Hartmann.

Foto: Reinhard Maximilian Werner

Wien - Er sei, sagte Burgtheater- Direktor Matthias Hartmann bei einem Hintergrundgespräch mit einigen Journalisten, über das Niveau der derzeitigen Diskussion entsetzt und fühle sich wie jemand, der mit der Sichel durch den Dschungel gehe. Nun will er, ganz im Sinne der außer- und innerhalb der Burg geforderten Transparenz, Zahlen und Chronologien auf den Tisch legen.

Der neue kaufmännische Direktor an seiner Seite, Thomas Königstorfer, beschränkte sich aufs Zuhören. Ihm gehe es darum, dass endlich wieder über die Kunst geredet werde: "Wir haben absolute Rekordzahlen, Einnahmen- und Auslastungsteigerung. Es muss uns gelingen, dass wir dies in den Fokus stellen. Die Burg muss ihre Reputation wiedererlangen. Jetzt ist alles zugedeckt von forensischen Berichten."

Die von Kulturminister Josef Ostermayer in Auftrag gegebenen Prüfberichte über Verantwortlichkeiten des Burgtheater-Direktors und des Holdingchefs Georg Springer begrüße er. Auch er selbst habe den Anwalt Georg Schima um ein Rechtsgutachten gebeten, das die Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Geschäftsführung prüfen solle. Die Kosten dafür werde nicht das Burgtheater tragen, versicherte Hartmann.

Mit Seitenhieben auf seinen Vorgänger Nikolaus Bachler hielt er sich zurück. Nicht verkneifen konnte sich Hartmann den Hinweis, dass er einen Vertrag unterschrieben habe, "wonach ich ein schuldenfreies Haus übernehme". Das sei nicht der Fall gewesen.

Nach aktuellen Berechnungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG erwartet man derzeit einen Bilanzverlust in der Höhe von 8,3 Millionen Euro. "Hätte man am 31. August 2009 nach derselben Methode bilanziert wie heute, hätte es damals einen Bilanzverlust von 8,5 Millionen gegeben. Wir haben also", so Hartmann, "gegenüber 2009 ein besseres Ergebnis".

Dies habe er durch Kostendisziplin und Einsparungen beim Personal erzielen können. "Damit habe ich mir nicht nur Freunde gemacht." Nur in seinem ersten Jahr seien die Produktionskosten gestiegen, danach stets knapp unter dem Durchschnitt gewesen. Das Einnahmenplus hatte aber auch mit der Erhöhung der Kartenpreise zu tun.

Pappe und Tapeten

Erstmals äußerte sich Hartmann selbst zu der Tatsache, dass er bereits 2011 Peter Raddatz, ei- nen Theater-Finanzexperten aus Deutschland, zurate gezogen hatte. Raddatz kritisierte die an der Burg seit Jahren praktizierte Abschreibung von Bühnenbildern - "Sperrholz, Pappe, Tapeten" - auf fünf Jahre. Sogar Produktionen, die nicht mehr im Repertoire waren, wurden im Wert von sechs Millionen Euro noch abgeschrieben, auch die Arbeitsleistung des Personals wurde als Wert berechnet.

Man sei deshalb bei Bundestheater-General Georg Springer vorstellig geworden, gemeinsam habe man die damalige Prüfungskanzlei Price Waterhouse konsultiert; doch die habe alles für rechtens befunden."Ich bin kein Buchhalter. Da alle Finanzexperten das guthießen, fügte ich mich", so Hartmann. Staats- und Volksoper haben diese Abschreibungspraxis nicht übernommen. Erst als KPMG die Prüfung ab 2011/12 übernahm, sei er mit seinen Vorbehalten auf offene Ohren gestoßen. Dass er 2009 für eine Vertragsverlängerung Silvia Stantejskys als kaufmännische Direktorin plädiert habe, sei auf Wunsch Springers geschehen: Es sei im Sinne der Gleichbehandlung nicht gegangen, ihren Vertrag auf zwei Jahre zu beschränken. "Und ich hatte keine Einwände", bekannte Hartmann. (asch, DER STANDARD, 8.3.2014)