Die Tests, an denen alle Schüler der vierten Klasse Volksschule und vierten Klasse AHS beziehungsweise der Neuen Mittelschule sowie der Hauptschule teilnehmen, sollen 2015 nachgeholt werden.

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Wien - Die für heuer geplanten Bildungsstandarderhebungen wurden von Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) kurzfristig abgesagt. Laut einer derStandard.at vorliegenden E-Mail an die externen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesinstituts für Bildungsforschung (Bifie) hat die Ministerin demnach entschieden, dass die Standardüberprüfungen Deutsch in der vierten Schulstufe und der achten Schulstufe auf das nächste Schuljahr verschoben werden. Darüber hinaus wird Österreich laut Heinisch-Hosek im kommenden Jahr weder an der Pisa-Studie noch an der Mathematik- und Naturwissenschaftsstudie TIMSS für Schüler teilnehmen. Aufgrund der Überprüfung der Datensicherheit beim Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie) fänden heuer keine Vortestungen statt - diese sind Voraussetzung für eine Teilnahme an den Studien.

Nachwirkung des Bifie-"Datenlecks"

Grund für die Absage ist die vom Unterrichtsministerium in Auftrag gegebene Überprüfung der Datensicherheit, die bis zum Testtermin im April und Mai nicht fertig werden wird. Heinisch-Hosek hatte als Reaktion auf das angebliche "Datenleck" auf einem rumänischen Server, auf dem Schülerdaten aus der "Informellen Kompetenzmessung" (IKM) von 2011 und 2012 lagen und laut einer früher für das Bifie tätigen Kärntner IT-Firma ungeschützt gewesen sein sollen, diese Überprüfung angeordnet.

Auch eine Durchführung der Erhebungen ohne vorläufige Einspeisung der Ergebnisse bis zur Klärung der Datensicherheit kommt für die Ministerin nicht in Frage. "Ich bin der Meinung, dass Konsequenz angesagt ist." Ein Teststopp beinhalte auch, dass am Bifie-Server liegende Daten bis zum Ende der Überprüfung nicht ausgegeben würden. "Das bezieht sich auf alle Bereiche. Da bin ich den Schulpartnern im Wort." Und: "Ich kann nicht mit Daten hantieren, wenn ich nicht sicher sein kann, dass diese Daten irgendwo sicher gelagert werden können."

Noch nicht klar ist für Heinisch-Hosek, ob die für heuer abgesagten Standard-Testungen in Deutsch bzw. die Pilot-Testung für Mathematik für die achte Schulstufe im nächsten Jahr nachgeholt werden. Für 2015 war ursprünglich eine Testpause anvisiert worden.

Millionenschwere Investition

Kritiker werfen Heinisch-Hosek im Gespräch mit derStandard.at eine "Panikreaktion" vor. Denn mit dem IKM-Datenloch hätten die Bildungsstandards rein gar nichts zu tun. Nach vier Jahren Vorbereitungszeit, diversen Pilotstudien und millionenschweren Investitionen in dieses bildungspolitische Instrument sei es unverständlich, die Bildungsstandardtestungen in Deutsch in allen vierten Klassen der Volksschulen beziehungsweise Haupt- und Neuen Mittelschulen sowie der AHS-Unterstufen jetzt kurzerhand abzusagen. Tausende Mitarbeiter, Testadministratoren und andere für die Durchführung der Bildungsstandardtestungen notwendige Personen seien extra für den Apriltermin 2014 ausgebildet und dienstlich freigestellt worden. Auch in den rund 4500 Schulen - es geht in dieser Testrunde um etwa 170.000 Schülerinnen und Schüler - sei alles dafür geplant und vorbereitet.

Gewerkschaft: "Richtige Entscheidung"

Der Vorsitzende der Arge Lehrer in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Paul Kimberger (FCG), hält das diesjährige Aussetzen der Bildungsstandardtests für richtig. "Solange die Datensicherheit nicht gewährleistet ist und wir nicht sicher sein können, was auf rumänischen Servern auftaucht, ist es eine richtige Entscheidung", sagte Kimberger zur APA. Anscheinend könne die Datensicherheit bei den Testungen nicht gewährleistet werden: "Deshalb war unsere Forderung, die Tests zu stoppen, eine richtige." Ihm gehe es dabei nicht um die Schülertests an sich: Bildungsstandarderhebungen und Kompetenzmessungen seien durchaus sinnvoll, wenn man sie richtig einsetze.

Auch Kimbergers Stellvertreter in der Pflichtschullehrergewerkschaft, Thomas Bulant (FSG), unterstützt die Verschiebung der Testungen ins kommende Jahr. "Es ist begrüßenswert, dass Ministerin Heinisch-Hosek (SPÖ) die Datensicherheit als schützenswertes Gut sieht und die Zeitpläne für Bildungsstandards, PIRLS und Pisa nicht als Prestigeobjekte verteidigt." Vertrauen gehe vor Tempo, sagt der sozialdemokratische Lehrergewerkschafter. 

"Ich finde das nicht gut"

Überrascht und enttäuscht zeigte sich dagegen die Vorarlberger Schullandesrätin Bernadette Mennel (ÖVP). "Ich finde das nicht gut. Die Testungen wären ja mit Papier und Bleistift erfolgt, und erst danach hätte es die elektronische Verarbeitung gegeben", so Mennel in den "Vorarlberger Nachrichten". Die Landesschulratspräsidenten seien in diese Entscheidung nicht mit eingebunden gewesen. 

Vor den Tests "drücken"

Das Team Stronach wirft Heinisch-Hosek vor, die Probleme mit den Schülerdaten beim Bifie dazu zu nutzen, sich vor den Tests zu "drücken". "Hier wird nur verhindert, dass erneut schlechte Prüfungsergebnisse bekannt werden", sagte Team Stronach-Bildungssprecher Robert Lugar. "Plötzlich heuchelt man Sorgfältigkeit im Umgang mit vertraulichen Daten, nur um die Tests heuer zu verhindern und um ein Jahr zu gewinnen."  

Walser: "Panikreaktionen"

Die FPÖ begrüßt die Absage der Teilnahme an der PISA- und TIMSS-Studie 2015. Als Grund für den Teststopp vermutet Rosenkranz nicht Datenschutzprobleme, sondern "leere Kassen". Die FPÖ fordere "statt PISA und Konsorten, die wirklich enorme Summen verschlingen und bisher in Österreich ohne Folgen geblieben seien, aussagekräftigere Längsschnittstudien". Grünen-Bildungssprecher Harald Walser forderte Heinisch-Hosek zur Besonnenheit auf. "Im Ministerium gehen offenbar Panikreaktionen ab. Entweder es steht ein riesiger Skandal an, oder die Vorgangsweise ist einfach nicht nachvollziehbar", so Walser. (Lisa Nimmervoll / APA, derStandard.at, 11.3.2014)