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Deutsche Kritiker fordern von Österreich Transparenz bei privater Medizinstudium-Filiale in Nürnberg.

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Nürnberg/Wien - Sieben Wochen amtliches Schweigen darüber, wie und warum die Nürnberger "Filiale" der Paracelsus Medizinischen Privat-Universität (PMU) Salzburg zu einem positiven Akkreditierungsverfahren gekommen ist, obwohl zwei von drei deutschen Gutachtern negativ begutachtet haben, sorgt bei deutschen Beobachtern für Unmut.

Angst vor "wissenschaftlichem Discounter"

Bereits am 28. Jänner hat das Board der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (AQ Austria) der PMU erlaubt, in Nürnberg einen gebührenpflichtigen Medizin-Studiengang (13.500 Euro für jedes der fünf Studienjahre) in Bayern für 50 "Dr. med. univ." nach österreichischem Studienrecht zu starten (DER STANDARD berichtete). Dass die extraterritorial ausgebildeten Doctores statt an einer Uni von Dozenten der Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg naturwissenschaftliches Grundlagenwissen vermittelt bekommen und das städtische Ausbildungskrankenhaus Nürnberg keine Uni-Klinik ist, nährt beim Medizinischen Fakultätentag (MFT) in Berlin Ängste, dass ein "wissenschaftlicher Discounter" aus Österreich übersiedelt. Den Sanktus des Wissenschaftsministeriums in Wien gibt es jedenfalls.

"Amtsverschwiegene" Österreicher

Vor allem im Zusammenhang mit den im Dunkeln liegenden negativen Gutachten stoßen sich die Kritiker an zu viel "Amtsverschwiegenheit" in Österreich und urgieren volle Transparenz. MTF-Generalsekretär Volker Hildebrandt verlangt insbesondere volle Klarheit über das Votum der deutschen Medizinprofessoren Brigitte Volk-Zeiher (Uni Freiburg) und Harald Klüter (Uni Heidelberg), die den Akkreditierungsantrag negativ beurteilt hatten.

Gutachter dürfen nicht reden

AQ Austria hat die zwei wissenschaftlichen - und einen dritten, studentischen Gutachter - selber bestellt. Sagen dürfen sie aber auch dann nichts, wenn der positive "Ergebnisbericht" veröffentlicht wird und sie sich darin nicht wiedererkennen sollten. Das stellte AQ Austria vergangene Woche in einer E-Mail an die Gutachter nachträglich fest, die darauf ratlos reagierten: "Ich bin kein Jurist", sagte die Internistin Volk-Zeiher dazu.

AQ Austria-Generalsekretär Achim Hopbach kündigte im STANDARD-Gespräch den Bericht gesetzeskonform für diese Woche an: "Darüber hinaus ist es uns aus Gründen der Amtsverschwiegenheit nicht erlaubt, Verfahrensdetails bekanntzugeben." Montagnachmittag ging der Bericht online. Darin steht: "Zwei von drei Gutachtern beurteilen den vorliegenden Antrag kritisch."

"Nicht durchgehend negativ"

Laut Hopbach seien die zwei Gutachten "aber keinesfalls durchgehend negativ" gewesen - und nur "eine wesentliche, aber nicht die einzige Entscheidungsgrundlage" für die AQ. Die Stellungnahme der PMU sei "gleichermaßen zu berücksichtigen" gewesen. Außerdem habe sich die "entscheidende Kritik der Gutachter nicht auf die Qualität des Lehr- und Forschungskonzepts gerichtet, sondern vornehmlich auf die strukturellen Rahmenbedingungen" - konkret die Kooperation mit einem städtischen Spital. Diese Kritik habe man "eingehend gewürdigt", eine derartige Kooperation werde in Österreich aber - etwa von der PMU selbst - "bereits erfolgreich durchgeführt".

Der deutsche Wissenschaftsrat dagegen verlangt für Universitätsmedizin, dass die Lehre "zu mehr als der Hälfte" von hauptberuflichen Hochschullehrern erfolgt.

Mehr Uni-Lehrer statt "bedside teaching"

Ein vorrangiges Studium am Krankenbett lehnen die Experten in einem Gutachten für den MFT ab: "Das Leitbild der Universitätsausbildung ist der wissenschaftlich ausgebildete Arzt, nicht der ,medicus' des Mittelalters, der seine Fähigkeiten im Wesentlichen mittels ,bedside teaching' erlangt hat." Dem "Bedside Teaching" wird laut PMU-Homepage "während des gesamten Studiums breiter Raum gewidmet". (Hermann Horstkotte, Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 18.3.2014)