In Adolf Dresens karger, auf die Figuren konzentrierter Inszenierung von Alban Bergs Wozzeck ist Demütigung allgegenwärtig. Wozzeck sucht sie zuerst mit Festhalten an korrektem Verhalten zu ertragen. Doch ist bei Matthias Goerne all jene Wutangst zu spüren, die Wozzeck durchdringt und ihn quälende Fantasien entwickeln lässt. Stimmlich ist Goerne, der große Liedsänger, zu sehr der Sängerdarsteller mit dem samtig-weichen Timbre. Da fehlt es an Schärfe des Klanges und also in der Folge an jener Färbung, die sich in diesem orchestralen Kosmos jederzeit durchsetzen könnte. Wo Poesie waltet, ist Goerne in seinem Element; dem Dramatische fehlt vokal etwas Eindringlichkeit. So wird es der Abend von Marie. Evelyn Herlitzius versöhnt den dramatischen Furor der Verzweiflung beeindruckend mit Wohlklang. Auch bei expressivsten Momenten tönt sie kultiviert und sicher; Intensität und Edelgesang gehen eine reizvolle Koalition ein.

Am Sonntag um 16 Uhr, zu diesem ungewohnten Wiener Staatsoperntermin, reüssierte auch das restliche Ensemble: fulminant Herbert Lippert (als Tambourmajor), glaubwürdig zynisch Herwig Pecoraro (als Hauptmann), sehr bissig Wolfgang Bankl (als Doktor) und gut Norbert Ernst (als Andres). Dirigent Dennis Russell Davies animiert das Staatsopernorchester sehr respektabel zu den nötigen Klang- und Ausdruckskontrasten. Sowohl das fein Ziselierte wie die bedrohliche Eruption erlangten nötige Ausgewogenheit. (tos, DER STANDARD, 25.3.2014)