Neuer EU-Spitzenkandidat: Harald Vilimsky soll für die FPÖ nach der Causa Mölzer die Wahl retten.

Foto: STANDARD/Cremer

Wien - Auch wenn im FPÖ-Vorstand am Mittwochnachmittag mit der restlosen Demontage des Rechtsaußen Andreas Mölzer der Befreiungsschlag anstand, tut sich in der Partei eine große Kluft auf: zwischen Mölzer-Fans und Mölzer-Gegnern. Zwischen dem deutschnationalen Flügel und dem engen Kreis rund um Parteichef Heinz-Christian Strache, der vor allem aus wahltaktischen Überlegungen Deutschtümler zum Schweigen bringen will.

Doch das ist nach den Grenzüberschreitungen Mölzers – er verglich die Europäische Union mit dem Dritten Reich und sprach von einem "Negerkonglomerat" – schwierig, auch wenn Strache Mittwochnachmittag dabei blieb: "Die Entscheidung steht fest." Denn "Rücktritt ist Rücktritt", sekundierte ihm Generalsekretär Herbert Kickl. Also galt es im Vorstand am Mittwochabend die neue EU-Liste formal zu beschließen, und da reiht sich hinter den nunmehrigen EU-Spitzenkandidaten Harald Vilimsky der EU-Abgeordnete Franz Obermayr. Der Grazer Klubobmann Georg Mayer belegt Rang drei, die bisherige Wiener Landtagsabgeordnete Barbara Kappl kandidiert auf dem vierten Listenplatz. Auf dem eher unsicheren fünften Platz sitzt mit Udo Landbauer der aktuelle RFJ-Bundesobmann.

Zwar wären mit dem Kandidaturverzicht von Hans-Peter Martin, dem Team Stronach und von Jörg Haiders Tochter Ulrike Haider-Quercia (BZÖ ) jede Menge Protestwähler abzuholen, doch nach dem Mölzer-Eklat ist die FPÖ vorläufig mit sich selbst beschäftigt. Denn allein im 40-köpfigen Parlamentsklub sind knapp die Hälfte in Burschenschaften, bei Landsmannschaften oder rechten Gilden aktiv – und im STANDARD-Gespräch vertreten einige davon immer noch Ansichten, die es mit dem Weltbild Mölzers durchaus aufnehmen können.

Nationalratsabgeordneter Elmar Podgorschek, Mitglied bei der Germania, etwa sieht den erzwungenen Abgang Mölzers als Zeichen dafür, "dass gewisse Äußerungen in der Öffentlichkeit schwer vertretbar" seien. Er selbst hält nur die Art von Mölzers Aussagen abträglich dafür, die verfehlte Zuwanderungspolitik zu thematisieren. Aber: "Der Begriff Neger ist für mich nicht problematisch. Ich würde das auch heute noch gebrauchen", sagt Podgorschek. Mölzer tue ihm persönlich leid, "das hat er nicht verdient". 

Blaue Definitionen

Klubkollege Gerhard Schmid geht im STANDARD-Gespräch noch weiter: Er finde "nicht so viel Verwerfliches" an Mölzers Thesen. Den Begriff "Negerkonglomerat" habe er gar nicht gehört, sondern: "Ich hab's als Konglomerat gehört im Allgemeinen." Und das sei schließlich nichts anderes als "etwas Vermischtes". Schmid definiert weiter: "Ein Neger ist ein Neger, da kann er nichts dafür. Da gibt's hellere und dunklere." In seinem Hotel sitze an der Rezeption auch einer: "Ich kenne keine andere Bezeichnung dafür. Wie soll ich ihn sonst nennen?"

Der FPÖ-Abspenstige Ewald Stadler, EU-Mandatar und nun Obmann seiner Reformkonservativen, reibt sich angesichts des rechten Chaos im EU-Wahlkampf die Hände. Ähnlich wie zu Haiders Zeiten zerfalle nun das Dritte Lager, meint er. "Und zwar in den Verbund, der eine Weltanschauung hat, und in Straches Disco-Clubbing-Schnupfer-Partie."

Stadler selbst hat sich mit dem FPÖ-Chef im Jänner 2007 im Zuge der Veröffentlichung von Jugendfotos zerstritten, die Strache bei an Wehrsportübungen erinnernden Waldspielen mit Rechtsradikalen zeigen. Am Donnerstag will der Vorstand der Reformkonservativen darüber beraten, ob man Mölzer eventuell mit auf die EU-Liste nehmen könnte. In der "Kleinen Zeitung" kündigte Mölzer allerdings an, er sei ab sofort nur noch "Privatmann, kein Politiker" und plane keine eigene Kandidatur. (Karin Riss, Nina Weißensteiner, derStandard.at, 9.4.2014)