Nein, diesmal schrecke ich Sie nicht mit Hoden im Titel ab. Dennoch möchte ich Sie vorwarnen: Es wird so genannte weiße Nieren geben.

Nach diesem Warnsignal für Freunde des Filets oder Feinde alles Fleischlichen können wir ja zum Punkt kommen: Ich als alter Preis-Leistungs-Esser bin beeindruckt. Oder haben mich ein paar Visiten bei Sterneköchen und solchen, die gerne welche wären, schon preislich so abgehärtet, dass ich 32 Euro für ein fünfgängiges, eigentlich sehr, sehr gutes und vor allem überreichliches Menü sehr, sehr, sehr günstig finde. Selbst wenn man die Anreise nach Göttlesbrunn draufschlägt?

Nun gibt es im Grunde nur noch zwei gleichermaßen schöne Möglichkeiten wo ich war - oder können Sie mir außer dem Jungwirth und dem Bittermann in Göttlesbrunn weitere Wirte empfehlen? Tipps sind stets willkommen! Diesmal jedenfalls war endlich wieder einmal der Bittermann dran. Und noch endlicher erstmals an einem Donnerstag. Das heißt: Innereienmenü! Große innere Werte, vier plus Dessert oder Käse nämlich (wer noch Käse schafft) für zwei-und-dreißig Euro. Ich verließ Göttlesbrunn hoch erfreut. Und nicht nur ich. Aber so weit sind wir noch nicht - erst das Menü und parallel "Unser Menü" für 36 Euro in drei Gängen, ganz ohne Niere, Beuschel, Hoden und Leber - also eigentlich zweite Wahl. Für mich.   

Ein Gruß aus der Küche, passend zum Gründonnerstag wie kein weiterer Gang: Cremespinat, Rösti. Ein - zugegeben: kurzer - Tribut an den Vegetarismus. Aber ein guter!

Foto: Harald Fidler

Damit fängt es an, diieses Innereienmenü beim Bittermann: Curry-Beuschel-Suppe mit drei knusprigen Schnecken, dick, kraftvoll, gut, mit der einen oder anderen Rübe und gerade passender Essignote und schon für sich so wertvoll wie drei kleine Steaks. Und wir halten hier erst bei Gang eins.

Foto: Harald Fidler

Der Wunderbaren wird inzwischen ein bisschen Spargel aufgetragen, auf - mir unverständlichen - Wunsch ohne Schaffrischkäse. Sie wirkte sehr zufrieden.

Foto: Harald Fidler

Geröstetes Bries vom Lamm, Ostern stand ja an - sehr zart, sehr gut, sehr üppig. Für die Grün-Balance ordentlich Blattwerk dazu.

Foto: Harald Fidler

Weiße Nieren - geröstet mit ausgesprochen kräftiger Sauce und Wurzelwerk. Zählen eindeutig zu den besten, die ich bisher aufgetischt bekam, und das waren gar nicht wenige bisher.

Foto: Harald Fidler

Die Wunderbare setzt in "Unserem Menü" fort mit - Spargel, genau, diesmal in Begleitung eines gewaltigen Stücks Lammkotelett, das ihre Kapazitäten überforderte und mich anderntags noch kalt erfreute. Schon allein dieses Trumm spricht für einen Grillkurs bei Herrn Bittermann

Foto: Harald Fidler

Das Innereienmenü sah an diesem Punkt eigentlich eine gebackene Kalbsleber vor - die mir gegenüber großes Entzücken ("so rosa!", "so gut!") hervorrief. Gebacken in Hanf und Mohn, mit einem, wie ich hörte, prototypischen, leicht senfigen, keineswegs zu süßen Erdäpfel-Vogerlsalat. Ich fand dennoch, ich hatte hier die richtige Abzweigung gefunden: Curry von der Lammniere, mit schotenscharfem Thai-Einschlag, fand ich, und war sehr, sehr begeistert. Und aß mich an dem ordentlich gefüllten Teller noch pappsatter als ohnehin schon. Jetzt noch Käse?

Foto: Harald Fidler

Munster und seine Freunde hätten mir schon gefallen, aber was nicht mehr geht, geht einfach nicht mehr. Also materialisierte sich meine letzte Hoffnung auf Erleichterung in den Sorbets, die da unter der Haube kamen, samt ordentlich Beeren. Auch keine Kleinigkeit. Und: Basilikumsorbet müsste mir Süßverächter eigentlich gefallen, vermag mich aber leider einfach nicht zu begeistern, oder jedenfalls nicht mehr. Dann lieber seine süßen Schwestern, Zwetschke zum Beispiel, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht.

Foto: Harald Fidler

Die Wunderbare indes nahm die patriotischen Topfennockerl und schien ziemlich angetan. Wie übrigens unsere supernetten Tischgenossen von der Schokotorte.

Ich bleibe dabei: Ab nach Göttlesbrunn. (Harald Fidler, derStandard.at, 22.4.2014)

Foto: Harald Fidler