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Schnittstelle zu digitalen Welten;
Hrsg. v. Martina Leeker
Mit CD-ROM. € 34,80/774 Seiten. Alexander Verlag, Berlin 2001.

Foto: Archiv
Als zu Anfang des 20. Jahrhunderts das Festspielhaus Hellerau als "Bildungsanstalt für rhythmische Gymnastik" gegründet wurde, war dies die Grundsteinlegung für einen der bedeutsamsten Orte der Historischen Avantgarde. Der Theatervisionär Adolphe Appia konstruierte gemeinsam mit dem Architekten Heinrich Tessenow eine Art mobiles Amphitheater (Le Corbusier assistierte), das die herkömmliche Aufteilung des Theaterortes in Zuschauerraum und Bühne überwand. Ein Labor wurde errichtet, das "die einander entfremdeten Lebensbereiche des Menschen wieder zu einem Ganzen verbinden" sollte.

Ein Ort der Visionen ist Hellerau geblieben. Die dreiwöchige Sommerakademie "Theater und Neue Medien", die vor einiger Zeit in dem Vorort von Dresden abgehalten wurde, knüpfte denn bewusst an die Tradition der "Ein- und Überspielungen" utopischer Programmatiken in Hellerau an. Ein im Berliner Alexander Verlag erschienenes Kompendium bietet eine umfassende Nachlese zur Tagung an.

Maschinen, Medien, Performances spürt dem "Theater an der Schnittstelle zu digitalen Welten" - so der Untertitel des Bandes - in einer Reihe von Aufsätzen und Diskussionen nach. Die Zwischenbereiche, die Schnittmengen von Theater und elektronischen und digitalen Medien, stehen dabei im Mittelpunkt.

Damit sind in erster Linie Phänomene zwischen medialen Performances und interaktiver Installationen gemeint, die zumeist etwas unscharf unter dem Oberbegriff des "Performativen" zusammengefasst werden. Kunstformen, die sich weniger auf Repräsentation als auf Präsenz gründen, die Grenzen überschreiten - und sich kaum festlegen lassen: "Aufgrund seiner Flüchtigkeit und Komplexität überschreitet das Performative das Darstellungsvermögen von Sprachen und Zeichen." Beispiele reichen vom Medientheater eines Robert Lepage bis zu John Cages Multimedia-Installationen.

Theaterpraktiker (darunter auch die in Wien agierenden Künstler Daniel Aschwanden und Claudia Bosse) berichten zudem über ihre Erfahrungen im Umgang mit digitalen Welten. Von besonderem Interesse: die Gestaltung des Interface, der Schnittstelle zwischen Mensch und Apparatur. (ALBUM/ DER STANDARD, Printausgabe, 23./24.8.2003)