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Kurz vor der Flucht der Massen: der Hangar-7 aus Stahl und Glas, ein privates Flugzeug- museum, das bei der Eröffnung als Konzert- und Speisesaal diente.

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Frank Stadler und seine drei Kollegen musizierten in je einem kreisenden Black Hawk des Bundesheeres.

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Salzburger Neobarock zwischen Rollbahn und Straße: Zur Eröffnung des eindrucksvollen Hangar-7 auf dem Flughafengelände ließ dessen Erbauer, Red-Bull-Vermarkter Dietrich Mateschitz, am Freitag nicht nur ein Riesenfest, sondern auch Hubschrauber und Kampfjets steigen.


Salzburg - Fangen wir einmal so an: Der Salzburger Wolfdietrich von einst ist gegenwärtig auch ein Dietrich, allerdings mit Nachnamen Mateschitz. Er darf, was andere nicht dürfen - zum Beispiel mit dröhnenden Helis und heulenden Kampfjets einen Höllenlärm machen, Straßenzüge absperren, Areale und Gebäude okkupieren.

Das alles darf er, weil er hat, was andere nicht haben: Geld, Geld und wieder Geld. Wer Geld hat, der hat eben auch Macht. Beides hatten die Salzburger Festspiele vor zehn Jahren in nicht ausreichendem Maß. So scheiterte die Uraufführung des Helikopter-Streichquartetts, das sie 1991 bei Karlheinz Stockhausen in Auftrag gegeben hatten, an Geldmangel und am Widerstand der Grünen.

Nun hat sich der neue Salzburger Dietrich zwar kein Mirabell oder Hellbrunn bauen lassen. Doch der Hangar-7, den ihm Volkmar Burgstaller da hingestellt hat, kann, was Eindruck und Eleganz dieses gläsernen Riesenellipsoids anbelangt, mit den barocken Kleinodien durchaus mithalten. Zu seiner Eröffnung sollte natürlich, wie das zur Barockzeit auch schon üblich war, ein großes Fest steigen, zu dessen künstlerischer Veredelung die Festspielpräsidentin dem steinreichen Mann vorschlug, nachzuholen, was ihrem Unternehmen misslang, eine Aufführung des Helikopter-Quartetts.

Gesagt, getan, missglückt, könnte man sagen. Denn der mächtige Red Bull lud zu seinem Fest nicht nur Schöngeister und Feinohren ein, die den Klängen des esoterischen Meisters lauschen wollten, sondern Tausende andere, die dem ermüdenden Tremolieren der auf vier Hubschrauber verteilten Mitglieder des Stadler-Quartetts weniger abgewinnen konnten.

Massenexodus

Vielmehr hielt sich die Promillenz der festlich angetanen Prominenz aus der großen und der halben Welt eher an die in barocker Reichlichkeit dargereichten Flüssigkeiten. So kam es, wie es kommen musste: Kaum begann es aus den Lautsprechern zu dröhnen und zu trillern, erhoben sich Hundertschaften von ihren Sitzen und stürmten aus dem klimatisch noch einigermaßen erträglichen Hangar-7 hinaus in die glühende Hitze, die sie um den Preis der akustischen Erleichterung gerne ertrugen.

Zurück blieb eine Moderne-geeichte Elite, darunter der Komponist, der an besagtem Freitag obendrein auch noch seinen 75. Geburtstag beging, Hans Landesmann, der das Werk seiner Zeit in Auftrag gab, Pierre Boulez, den es auch ins Flughafengelände verschlagen hatte, und die Festspielpräsidentin, die den Massenexodus leicht bekümmerten Blicks aufmerksam verfolgte.

Mehr lässt sich über diesen Event nicht sagen. Außer, dass man auf diese Weise natürlich jedes Streichquartett aufführen kann und dass die Zahl der Flüchtigen bei Haydns Kaiserquartett (Karl Habsburg ließ sich übrigens auch sehen) sicher kleiner gewesen wäre. Schon auffälliger ist der Umstand, dass ebenjene große Schar von Stockhausen-Flüchtlingen beim folgenden, mehr als einstündigen Spektakel, das sich der Geldfürst selbst arrangierte, brav und im Stehen ausharrte.

Mythologie

Während die Quartett-Connaisseure schon lang vor Beginn dieses ihrer Meinung nach ästhetisch beinah obszönen Ereignisses pikiert das Weite suchten. Warum eigentlich? Was folgte, war nicht weniger platt und auch nicht weniger bedeutsam wie das vorangegangene Streichquartett des Altmeisters. Es nennt sich Taurus Rubens, wie Red Bull auf Lateinisch heißt. Unter diesem Titel hat der in Salzburg lebende Regisseur Hubert Lepka eine lärmende, grelle Großperformance geklittert, die dem Charakter des Ereignisses und der Gemütslage der zahllosen Zuschauer offenbar besser entsprach als das Helikopter-Quartett.

Darin soll versucht werden, den mythologischen Hintergrund des Abendlands in einer Kombination von Akteuren und Maschinen aufleuchten zu lassen. Kampfflugzeuge werden zu Akteuren, ein Eurofighter spielt den Zeus. Menschen werden zu Objekten und baumeln und wehen in luftiger Höhe an einem Kran oder ergeben als leuchtende Fallschirmspringer ein neues, faszinierendes Sternzeichen.

Sicher, die wummernde Musik, die Peter Valentin beisteuerte, ist ermüdend, und Joey Wimplingers Texte sind ein bisschen schwulstig. Doch alle, die stets nach einer Erneuerung des Theaters schreien und sich dann mit szenischen Verballhornungen alter Werke begnügen, sollten dann, wenn wirklich Neues passiert, dieses nicht von vornherein ablehnen. (DER STANDARD, Printausgabe, 25.8.2003)