Tulln/St. Pölten - Fritz Freudensprung, ein hoher niederösterreichischer Beamter, der sich gegen eine religiöse Diskriminierung nichtkatholischer Schüler in einer Volksschule im Bezirk Tulln geäußert hatte (derStandard.at berichtete), ist am Freitag nach einem Gespräch mit Landesschulratspräsident Hermann Helm versetzt worden. "Er wurde der Abteilung Schule des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung mit sofortiger Wirkung zugeteilt", gab Helm am Freitag bekannt.

"Nicht mehr vorhandenes Vertrauen"

Die bisherige Dienstverwendung als Landesbediensteter bei der Bundesschulbehörde des Landesschulrats sei aufgehoben worden, der ehemalige Leiter der Rechtsabteilung des Landesschulrats habe die Zuweisung an die neue Abteilung akzeptiert, sagte Helm. Als einen der Gründe für die Versetzung nannte er das "nicht mehr vorhandene Vertrauen".

Auslöser war, dass an der betroffenen Schule ein Teil der Erstkommunionsvorbereitung - das Singen von Kirchenliedern - im Musikunterricht und teilweise auch im Rechenunterricht stattfand. Eltern einer konfessionslosen Tochter hatten sich dagegen gewehrt. Der Landesschulratspräsident befürwortete allerdings entgegen der Meinung seines juristischen Leiters das Einstudieren der Lieder.

Unterschiedliche Interpretation

Helm berief sich dabei auf Paragraf 2 des Schulorganisationsgesetzes, in dem es heißt, dass neben sittlichen und sozialen auch religiöse Werte im Gesamtunterricht zu vermitteln seien. Zudem habe man sich bereits im Februar beim zuständigen Ministerium erkundigt. In einem Antwortschreiben an die Familie hieß es damals, "dass selbstverständlich auf die Erstkommunion im Rahmen des Sach- und Gesamtunterrichts an Volksschulen eingegangen werden kann, wobei die religiösen Inhalte als Teil der Lehre ausschließlich dem Religionsunterricht vorbehalten sind".

Dieses Schreiben kann freilich auch anders interpretiert werden, nämlich dass die Vorbereitung auf die Erstkommunion ausschließlich im Religionsunterricht stattzufinden habe. Das sehen auch Juristen so, etwa der Verfassungsrechtler Heinz Mayer, der im Gespräch mit derStandard.at sagte: "Freudensprung hat die richtige Rechtsmeinung vertreten." Schließlich gebe es das Grundrecht, nicht mit Religion behelligt zu werden. "Das Recht haben auch Schüler mit keiner Religion, eine Zwangsbeglückung ist verfassungswidrig", so Mayer.

Was Helm auch nicht erwähnt: Freudensprungs erste Rechtsmeinung gegen das Einstudieren der Kirchenlieder stammt bereits vom November 2013.

Landeshauptmann Erwin Pröll (VP) habe nicht mitgemischt, sagt Helm: "Ich habe keine Weisungen von niemandem erhalten." Freudensprung habe die Abberufung akzeptiert und werde kein Disziplinarverfahren erhalten.

Das Team Stronach glaubt schon, dass Pröll seine Finger im Spiel hatte: "Da wird gebuckelt, wie von Knechten vorm brüllenden Feudalherrn."

Gerichtsverfahren anhängig

Das Singen von Erstkommunionsliedern beschäftigt auch die Justiz, nachdem diese Woche eine Beschwerde der Eltern der konfessionslosen Schülerin beim niederösterreichischen Landesverwaltungsgericht eingebracht wurde, wie ein Sprecher der APA bestätigte. "Damit ist ein Gerichtsverfahren anhängig. Die Beschwerde wird nun geprüft." (APA/rwh, derStandard.at, 9.5.2014)