Wien - Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske fordert mehr Studienplätze an Fachhochschulen in Wien. Er erwartet sich davon eine bessere Qualifizierung von Mitarbeitern und damit auch eine Verbesserung der Qualität des Industrie-Standortes Wien. Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag sprach er sich zudem für einen stärkeren Ausbau der ganztägigen Betreuung an Schulen aus.

Große Nachfrage

Derzeit gebe es 43.000 Plätze für Fachhochschüler in ganz Österreich, die Bundesregierung strebe bis 2018 die Aufstockung auf 50.000 an. Benötigt würden allerdings 60.000 Plätze, "die meisten davon in der boomenden Ostregion", so Kaske. Gabriele Schmid, AK-Abteilungsleiterin Bildungspolitik, bezweifelte, dass ob der Budgetsanierung das Regierungsziel überhaupt erreicht werde. Dass es hohe Nachfrage gebe, untermauerte sie mit Zahlen: Allein für 16.000 FH-Anfängerplätze habe es zuletzt 55.000 Bewerber gegeben.

Die Forderung leitete Kaske aus einer aktuellen Wifo-Studie ab, die heute von der Arbeiterkammer präsentiert wurde: Um den Status quo zum Industriestandort Wien zu erheben, wurden mehr als 40 Metropolen in Europa miteinander verglichen. Das Resultat: Die Bedeutung des Industriesektors gemessen an Arbeitsplätzen nimmt stetig ab, gleichzeitig steigt jedoch die Wertschöpfung kontinuierlich an. Die Sparte weist in der Bundeshauptstadt zudem hohe Personalkosten aus, dank überdurchschnittlicher Produktivität liegen die Lohnstückkosten trotzdem auf mittlerem Niveau.

Wissensbasierte Branchen wichtiger

Ein Grund für die hohe Produktivität liege nicht zuletzt darin, dass hier vor allem wissensbasierte Branchen wie Pharmazie, Elektronik oder Datenverarbeitung ansässig sind. Das Problem: Dafür braucht es jede Menge höchstqualifizierter Arbeitskräfte - und genau in diesem Bereich hinkt Wien im internationalen Vergleich deutlich hinterher, sagte Thomas Ritt, Leiter der Abteilung Kommunalpolitik in der Wiener Arbeiterkammer, mit Verweis auf die Wifo-Daten. Hier kommt Wien lediglich auf den 36. von 41 Plätzen. Deshalb will die Arbeiterkammer mehr Ausbildungsstätten für hoch qualifizierte Arbeitskräfte.

Die Arbeiterkammer sieht aber bereits in jüngeren Jahren Handlungsbedarf. Denn bei 45 Prozent der Wiener Schüler in der achten Schulstufe ist die soziale Benachteiligung "sehr hoch" oder "hoch". Österreichweit liegt dieser Wert nur bei 15 Prozent. Als Grund dafür führte Schmid unter anderem den hohen Anteil von Eltern mit Migrationshintergrund sowie geringem Bildungsstandard und Einkommen an. Ein Viertel der Schüler in dieser Altersklasse würde etwa die Bildungsstandards in Mathematik nicht erreichen. "Das sind aber die Menschen, die kurz vor dem Eintritt in den Arbeitsmarkt stehen."

Mehr Ganztagsschulen

Abhilfe könnte laut Schmid eine vermehrte ganztägige Schulbetreuung schaffen. Derzeit gebe es ein solches Angebot für rund die Hälfte der Kinder: "Das ist viel zu wenig, die Nachfrage ist weit höher." Nicht nur der Bund sei hier gefordert, auch die Stadt könnte "Prioritäten anders setzen." Kaske kann sich außerdem vorstellen, dass der Bund jene Mittel für den Ganztagsschul-Ausbau, auf die andere Bundesländer verzichten, zusätzlich Wien zur Verfügung stellt. (APA, 9.5.2014)