Die SPÖ-nahe Homosexuelleninitiative SOHO hat mittlerweile einen humoristischen Kommentar in Form einer Karrikatur zu den Aussagen des Grazer Bürgermeisters Siegfried Nagl veröffentlicht.

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soho/red
Stein des Anstoßes war die an Siegfried Nagl gerichtete Bitte der HUG, der Initiative "Homosexualität und Glaube", den Ehrenschutz der diesjährigen Generalversammlung zu übernehmen. Die Antwort des amtierenden Bürgermeisters der Menschenrechts- und Europäischen Kulturhauptstadt blieb jedoch aus. Ebenso konnte über Wochen hinweg kein Gesprächstermin arrangiert werden. Was überraschte, da sich der junge ÖVP-Politiker ansonsten durchaus als moderner und offener Bürgermeister stilisiert.

Durch einen Artikel der HUG in der Zeitschrift "Pride" aufmerksam gemacht, begann ein Journalist der "Presse" nachzuhaken und stieß auf zuerst verwirrende, dann entzürnende Antworten. Nagl wolle die Homosexuellen nicht diskriminieren, er wolle sie aber auch nicht unterstützen. Die brave, normale Familie sei der Quell einer funktionierenden Gesellschaft, denn: "Wenn jemand das Glück hat, eine wirkliche Familie erleben zu dürfen, seine Kraft daraus zu schöpfen, dann ist das für ihn persönlich so stark. Ich kenne homosexuelle Menschen, die vielleicht gar nicht so glücklich sind - es gibt welche, die wahrscheinlich auch glücklich sind - die unter Umständen ein solches Glück erleben sollten, und das kann auch aus einer Glaubensdiskussion unter Umständen resultieren." O-Ton Siegfried Nagl.

Realitäten akzeptieren

Wenig wundert es, dass die homosexuelle Community der Stadt Graz auf die Barrikaden ging. Heinz Schubert, Vorsitzender der Rosalila PantherInnen Steiermark und Mitglied der HUG: "Der Bürgermeister muss akzeptieren, dass Menschen in lesbischwulen Gemeinschaften leben. Das sind genauso Bürger und Bürgerinnen der Stadt der Menschenrechte. Das ist sogar in der europäischen Menschenrechtscharta verankert."

Seine Aussagen durfte Nagl in etlichen Interviews zu diesem Thema präzisieren: "Es gibt immer Menschen, die versuchen, etwas als Normalität hinzustellen, und faktisch anzweifeln, ob so etwas wie ein ganz braves, normales Familienleben schon etwas Abnormales ist. Ich stelle mich hier ganz klar hinter das Familienleben. Das ist die stärkste und größte Kraft einer Gemeinschaft."

Verbieten kann man es ja nicht mehr

Dass solche Aussagen jedoch nur die Spitze des Eisberges darstellen und dass dahinter eine generelle Praxis der Verdrängung steht, lässt sich leicht erkennen: Das erst kürzlich in Graz intiierte Festival "le.f.t.", in dessen Zentrum der lesbische Film stand, erhielt im Jahr der Kulturhauptstadt Europas keinen Cent Förderung. Aber wen wundert es, denn die gestellten Ansuchen datieren aus einer Zeit, in der Siegfried Nagl zuständiger Kulturstadtrat war.

Zurück bleibt die Einsicht, dass die lesbischwule Community in Graz - sicherlich auch aufgrund ihres hohen Organisationsgrades - geduldet wird. Aber nur, weil alles andere gegen geltendes Recht verstoßen würde. Ganz explizit gegen die gerade erst im Juli vom Grazer Gemeinderat verabschiedete "Deklaration für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung", in der sich die Stadt Graz ausdrücklich zum Grundsatz bekennt, niemanden wegen seiner sexuellen Orientierung zu bevorzugen beziehungsweise zu benachteiligen. Mehr bleibt dazu nicht zu sagen.

(e_mu)