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Jetzt geht's um die Wurst: Alfred Gusenbauer

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Heinz Fischer

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Eva Glawischnig

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Benita Ferrero- Waldner

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Werner Faymann

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Freie Assoziationen zum Thema Politik, Wählen, Essen und Trinken.

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Mit Alfred Gusenbauer ist uns nun also die letzte Hoffnung abhanden gekommen, dass Gut- und Vielfraße die besseren Kanzler sind. Vielleicht schließt ja das eine das andere sogar aus, in diesem Berufe ist der Zustand der glücklichen Abgeklärtheit, in die nicht erst die Konsumation, sondern auch das ihr vorangehende Gustieren - Kochbücher, Weinkataloge, Speisekarten - versetzt, gar nicht erlaubt. Ein Kanzler hat nicht schmatzsatt-zufrieden zu sein, wie es Gusenbauer so oft ausstrahlte.

Diese Gefahr besteht weder bei Willi Magister Molterer - der höchstens ang'fressen im übertragenen Sinn dreinschaut - noch bei Werner Gummibärli Faymann, obwohl es von Letzterem sogar heißt, er habe während eines Urlaubs in Italien einen Kochkurs absolviert. Italien! Spaghetti! Was isst denn eigentlich der Zio Giovanni so am liebsten? Ich muss gestehen, dass ich mir von unserem Innenpolitikchef die Telefonnummern der Pressesprecher oder anderer Gewährsleute (fast) aller Spitzenkandidaten besorgt habe, um deren Lieblingsspeisen abzufragen. Hab mir's anders überlegt, meine Aufgabe, dachte ich, ist eher, diese zu imaginieren.

"Saure Wurst"

Aber so sehr ich mich anstrenge, mir fallen pauschal, zu allen, immer nur Knackwürste ein. Mit Zwiebel und Essig und Öl ("Saure Wurst"), gebraten, als Wurstschüsserl mit Erdäpfelpüree (aus dem Sackerl), alte Knacker mit Cremespinat. Die Qual der Knackwurstwahl.

Wahlen und Essen, das Thema könnte man unterschiedlich aufziehen, zum Beispiel als "Was man wem zu essen gibt, um etwas (das heißt: seine Stimme) von ihm zu bekommen". Regel Nummer eins: auf keinen Fall das, was man selbst gerne isst - man hat schließlich keine Schweine miteinander gehütet. Und zu teuer wär's auch. Von Gusenbauer ist bekannt, dass er auch bei Einladungen - und nicht versehentlich, denn dazu versteht er zu viel davon - gerne teure Flaschen orderte, zumindest als er noch nicht Bundeskanzler war. Ein Sozi sauft nicht alles, bitte schön. Fürs Wahlvolk heißt es hingegen Würstl und Bier, und keiner ist beleidigt. So sind sie, "die Menschen" oder "die Menschen draußen": froh, wenn sie etwas geschenkt bekommen. Mit den Schwarzen assoziiert man auch noch das - selbst getrunkene - Schnapserl, das ist das Ländlich-Sittliche an ihnen. Das gemeinsame Schnapserl vermittelt aber bei Politikern aller Couleurs Volksverbundenheit (oder sagt man schon "Menschenverbundenheit"?). Augen zu und runter!

Die Grünen in Klagenfurt haben übrigens den Oberschmäh zum gemeinsamen Konsumieren drauf. Die laden nicht zum Essen ein, die lassen sich einladen! "Ganz egal ob zum Grillfest (...) nutzen Sie die Möglichkeit und laden Sie uns ein!", flatterte meiner Mutter der Folder ins Haus. Liebe Freunde, Ihr dürft gern kommen, unter der Voraussetzung, dass Ihr esst und schweigt! Wenn Ihr Musikinstrumente beherrscht, nehmt sie mit, ein bisschen Unterhaltung können wir immer gebrauchen.

Wie in guten alten Zeiten

Etwas anderes: Ich habe mich belehren lassen, dass der Wiener Bürgermeister der Einzige ist, der noch drauf schaut, dass auch Journalisten ab und zu etwas Warmes in den Magen bekommen. Sonst werden heute bei Pressekonferenzen bestenfalls belegte Brötchen hingestellt - oder Kipferl und Golatschen & Co. (ein fixer Bestandteil der kulinarischen Kommunikation in Österreich). Aber bei der wöchentlichen Bürgermeister-PK gibt es noch ein schönes warmes Buffet, wie in den guten alten Zeiten. Michael Häupl hat deshalb nie über mangelndes Interesse zu klagen, er erfreut sich auch regen Zuspruchs von Medien abseits des Mainstreams (Der Hütteldorfer Schrebergartenbote oder Der Döblinger Herrenfriseurekurier). Ich hätte mir das gerne noch selbst angeschaut, aber es ist sich nicht mehr ausgegangen. Nicht dass ich es nötig hätte, ein warmes Essen gratis, jetzt, wo dank SPÖ bald Champagner und Gansleber billiger werden. Also, ich freu mich drauf - und der Gusenbauer bestimmt auch.

Häupl sagte übrigens vor kurzem in einem Interview mit dieser Zeitung, dass sich ein Wiener Bürgermeister nicht ohne Gspritztn ablichten lassen sollte - er meinte das als Werbung für den Wein, nicht für sich, angeblich. Ich war deshalb sehr erfreut zu lesen, dass die Wiener Mädeln und Buben täglich zwei Achterl trinken. Das ist sehr vernünftig, viel gesünder als Alkopops. Wenn Ministerin Kdolsky nur annähernd so viel Erfolg mit ihrer Schweinsbratenwerbung gehabt hat, sollte sie eigentlich den Josef Pröll beerben.

Das hält nüchtern keiner aus

Auch das Essen und Trinken am Wahltag selbst wäre ein lohnendes Thema: Ganz elementar ließe sich einmal darüber nachdenken, ob die Aufhebung des Alkoholverbots am Wahltag (Nationalratswahlordnung 1971) zu mehr b'soffenen Entscheidungen "der Menschen" geführt hat. Wobei die Wahl heuer ohne Alkohol nicht zu bewältigen wäre, das hält nüchtern keiner aus.

Aber der Hauptgrund für das Verbot war ja wahrscheinlich nicht, die Vernebelung zu verhindern, sondern dass sich Rote und Schwarze vor den Wahllokalen die Schädel einschlagen. Die ersten Wahlen, an die ich mich gut erinnern kann, waren die Parlamentswahlen 1966. Ich war in der ersten Klasse und im Klosterinternat, und die Schwester verkündete den Sieg von Josef Klaus so inbrünstig, als ob das Land vom lieben Gott vor Sintflut, Pest und Cholera gleichzeitig errettet worden wäre. Hat sich nur nichts geändert, oder ist es schon wieder so?

Wahlparty

Aber ich schweife gänzlich unkulinarisch ab. Zum Wahltag: Normalerweise treffen wir uns im Freundeskreise zu etwas, was wir errötend Wahlparty nennen (in unserem Alter hängt man nun einmal nicht mehr ab, da hängt es ganz von selbst). Es werden Wetten ausgelobt, man schimpft und kreischt vor dem Fernseher, und die Gastgeber bringen meist Österreichisches auf den Teller.

Dazu gebe ich - auch weil ich "den Menschen" versprochen habe, dass es wieder Rezepte gibt - heuer eine Wahlempfehlung ab. An diesem Wahltag, bei denen die ehemals großen Parteien uns einen Sieg der Rechtsrechten bescheren werden, muss die Umvolkung des Bratens geschehen: Schaf gibt's (okay: Lamm), und das Fleisch darf nur bei einem Türken, Araber oder Perser gekauft werden oder sonst einem Ausländer, dem man es ansieht. Wir machen die Vorderhaxen, und unser Rezept hat den Vorteil, dass es nicht auf die Minute fertig ist und konsumiert werden muss: Es könnte nämlich sein, dass Ihnen am Wahlabend eine Zeitlang ziemlich schlecht ist. Unseren Haxen macht das gar nichts, wenn sie warten, sie werden höchstens besser.

Wenn Sie ein präferiertes Ossobuco-Rezept haben, dann nehmen Sie das, nur Rot- statt Weißwein zum Aufgießen, also im Wesentlichen Zwiebel (auch Porree), Karotten, Stangensellerie und Knoblauch fein würfeln und rösten, die angebratenen Haxerln dazu (oder umgekehrt), geschälte Paradeiser, Wein, Wasser oder Suppe nach Bedarf, Thymian, Oregano, vielleicht ein feines Sardellerl zum Würzen, auch so eine Ausländerin, die die Nation rettet. Deckel drauf, bis das Fleisch vom Knochen fällt - und den Fernseher beim Essen abschalten. (Gudrun Harrer/Der Standard/rondo/05/09/2008)