Draußensitzen, bitte schön.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Das Marktachterl am Karmelitermarkt wurde nach einem Umbau zum überaus angenehmen Wirtshaus.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Das Marktachterl war seit jeher das Lokal mit dem besten Schanigarten am Karmelitermarkt, dem Angelpunkt der begehrten, wiederentdeckten Wohngegend in der Leopoldstadt. Bloß: Wer in früheren Zeiten einmal drinnen war, der wollte nicht einmal mehr im Garten sitzen. Um bis zur Schank mit der fettschlierigen Kunststoff-Auflage vorzudringen, musste man durch einen Dunst aus verschüttetem Bier, aufgewärmtem Essen, glosenden Aschenbechern und anderen nicht so appetitlichen Quellen - für die Konsumfreude von Jungfamilien im Biostandl-Shopping-Taumel eher suboptimal, aber auch für frisch vom Clubbing verkaterte Frühstücksfreunde eine gewisse Herausforderung.

Saure Wurst oder "Schummler"

Trotzdem war für Kathi Groh gleich nach der ersten Besichtigung klar, dass das Marktachterl ihres sein wollte. Dass sie über keine Erfahrung als Wirtin verfügte, wurde mittels Echtzeittraining am heruntergewirtschafteten Objekt wettgemacht: Über ein halbes Jahr ließ sie die Bude weiterlaufen, als ob nichts geschehen wäre - außer, dass es plötzlich sauber war. Schön langsam und vorsichtig wurde die Karte umgeschrieben, wobei manche Relikte wie Saure Wurst oder "Schummler" (ein Achtel Spritzer) bis heute drauf stehen. "Das Lokal hat ja eine Funktion für den Markt, das sollte nicht verschütt gehen", sagt Groh. Dementsprechend wurde so zurückhaltend wie geht umgebaut, gerade, dass ein schönes Lokal daraus geworden ist - was angesichts des Urzustands natürlich ein ganzer Haufen war. Teile der Lamperie wurden bloß neu gestrichen, dafür ist die neue Schank aus Sichtbeton ziemlich massiv geworden. Trotzdem hat es irgendwie das Marktachterl bleiben dürfen. Eine gnadenlos wienerische Lösung, mit charmantem Ergebnis.

Küchenmäßig sowieso: Es gibt ordentlich Frühstücks- und Gabelfrühstücksoptionen (Butterbrot mit Sardellenringerl!), im Pfandl hübsch servierte Eierspeisen, selbstverständlich reichlich und ordentlich Gebackenes, aber auch den inzwischen üblichen (diesfalls aber eher anämisch wirkenden) Avocadosalat. Karottenhummus klang gefährlich, erwies sich aber als gekonnt gewürzte Creme. Dazu frisch geröstetes Weißbrot von der Bäckerei Grimm, passt. Pariserschnitzel aus der Pfanne war sogar hohe Wirtshausschule, so präzise abgeschmeckt, hauchdünn und doch saftig wird selbst Schnitzelomelett zur Delikatesse. Ohne Reservierung geht im Garten derzeit gar nichts! (Severin Corti/Der Standard/rondo/17/04/2009)