Die wunderbare Täfelung wurde stilgerecht renoviert, die Resopaltische wurden erhalten.

Foto: Gerhard Wasserbauer

In der Küche wird dem Fleischlichen gehuldigt.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Am heikelsten, so der neue Pächter Erich Langsteiner, sei die Instandsetzung der Holztäfelung gewesen. Ein akademischer Maler und Professor habe zurate gezogen werden müssen, um die geheimnisvolle Rezeptur aus Farbpigmenten, Ochsengalle und anderen Ingredienzien derart abzumischen, dass alles wie früher werde, aber wirklich.

Jetzt strahlt sie wieder in altem Glanz, sieht im Grunde völlig unrenoviert und lediglich gut geputzt aus - so wie das ganze Lokal. Das Restaurant zur Stadt Paris, ganz am Anfang der Josefstädter Straße gelegen, ist ein echtes Denkmal der Wiener Wirtshausseligkeit. Nicht nur, weil hier einst von Doderer abwärts Legionen an Schriftstellern, Journalisten und sonstige Wichtige ihr Quartier aufgeschlagen hatten. Nicht nur, weil Patron Franz Blauensteiner von der legendären Wirtshausdynastie (einst waren allein in Wien vier angesehene Gasthäuser in ihrem Besitz) hier noch Jahre nach der Schließung durch die zusehends blinden Fenster beobachtet werden konnte, wie er mit anderen ehemaligen Stammgästen im Schankraum beim Kartenspiel saß, als ob nichts geschehen wäre, während sich im Gastzimmer meterhoch der Kramuri türmte. Sondern vor allem, weil der prachtvolle, 5,50 Meter hohe Raum mit den nur unwesentlich kleineren Fenstern, der wunderbaren Täfelung, den original erhaltenen Tischen samt Resopalbeschichtung, der alten Schank und dem prächtigen, hohen Spiegel in seiner klassischen Anmutung schon so etwas wie die Kathedrale des Wiener Wirtshauses ist.

Blunzenpudding

In der Küche steht Langsteiners Partner Erich Lentsch, der im Steirereck der frühen Jahre neben Helmut Österreicher kochte. Sich deshalb auf eine feine oder, Gott behüte, gar leichte Variante der Wiener Küche zu freuen, wäre freilich ganz falsch: Hier wird dem Fleischlichen in all seinen Ausformungen gehuldigt, und zwar ohne Wenn und Aber. Wenn es gar heiß ist draußen, steht eben Blunzenpudding auf der Karte, eine Art Wurst-Pannacotta für solide Kollaps-Resistenzler und andere Nitrit-Fetischisten. Den gefüllten Schweinsbauch samt nicht zu magerem Natursaftl und Krautsalat kann man kaum besser machen, das Kalbsherz in dunkel-lebriger Wurzelsauce mit faustgroßem Semmelknödel hat man in dieser unrenoviert-klassischen Form seit den Tagen von Schlusche selig nicht mehr genossen. Danach ist zwar eine ausgedehnte Regenerationsphase, am besten in einer schattigen Hängematte, unvermeidlich - aber wozu haben wir schließlich Sommer? (Severin Corti/Der Standard/rondo/14/08/2009)