Asafumi Yamashita baut in der Pariser Vorstadt Gemüse in einer Qualität an, die es sonst nur in Japan gibt.

Foto: Georg Desrues
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Agritourismus der exklusiven Art: Auf dem kleinen Hof von Yamashita kann man übernachten und speisen.

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Die Ingredienzien: Gemüse, das mit der Japanern eigenen, quasi-religiösen Aufmerksamkeit gezogen wurde, sowie Hühner vom Hof, die zuvor für die Düngung und Durchlockerung des Bodens gesorgt haben.

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"Mein Plan war, erstklassiges Gemüse an die japanischen Restaurants von Paris zu verkaufen", sagt Asafumi Yamashita, "aber die japanischen Köche in Paris waren gar nicht interessiert an wirklich gutem Gemüse. Da wollte ich alles hinschmeißen." Dass er das schlussendlich doch nicht tat, liegt an Christian Le Squer vom Restaurant Ledoyen. Der Drei-Sterne-Koch zeigte sich von des Japaners Gemüse dermaßen begeistert, dass er ihm sofort alles abkaufte. Bald darauf folgten andere "Grand Chefs", und heute beliefert Yamashita sieben Spitzen-restaurants der Hauptstadt.

Dass es nicht mehr sind, liegt lediglich an der winzigen Fläche, die er bestellt: Gerade einmal fünfzig mal fünfzig Meter misst sein Gemüsegarten im Dorf Chapet, dreißig Zugminuten vom Zentrum von Paris gelegen. Mehr Restaurants kann und will der ehemalige Bonsai-Züchter gar nicht beliefern. "Ich wüsste gar nicht, wie ich mehr produzieren und dabei die Qualität halten sollte", sagt der Mann, der jedes Unkraut selbst jätet.

Also stehen einige der besten Köche der Welt auf seiner Warteliste und hoffen darauf, dass es sich einer ihrer Kollegen mit dem strengen Japaner verscherzt. "Ich beliefere nur Köche, die auch in ihren Küchen stehen. Wenn ich feststellen muss, dass ein Koch nicht da ist, gibt es Punkteabzüge; wenn das zu oft passiert, liefere ich nicht mehr."

Absolut freie Hand

Das sind aber noch längst nicht alle Bedingungen, die der selektive Gemüsebauer stellt. "Ich arbeite nur mit Köchen, die mir absolut freie Hand lassen. Wenn ich nicht darüber entscheiden kann, was, wann, wie viel und zu welchem Preis ich liefern kann, beende ich sofort die Zusammenarbeit." Davor scheinen sich die meisten seiner Kunden zu fürchten. So sagt zum Beispiel Eric Briffard vom Restaurant Le Cinq (zwei Michelin-Sterne) über ihn: "Ich kontrolliere niemals die Lieferungen von Monsieur Yamashita. Ich weiß genau, dass das, was er mir bringt, hervorragend ist." Auch Eric Fréchon vom Le Bristol (drei Sterne) ist ähnlicher Meinung: "Monsieur Yamashita kann man nur unterstützen. Abzulehnen ist einfach nicht möglich."

Trotzdem hat es für das Le Bristol bisher nur zu Probelieferungen gereicht. Er müsse sich den Mann erst einmal genauer ansehen, seine Philosophie und Arbeitsmoral verstehen, dann würde man schon weitersehen, meint Yamashita. Doch die Zusammenarbeit mit dem Restaurant, das sich im gleichnamigen Hotel befindet, reize ihn schon. Denn das Problem mit der Spitzengastronomie in Paris sei leider, dass die meisten Restaurants im August, wenn das Gemüse am besten ist, zusperren. Das Le Bristol aber hat offen.

Neben einigen japanischen Gemüsesorten wie Hadsukadaikon (einer Art Rettich), Edamame (junge Soja-Schoten), Komatsuna (ein Blattgemüse wie Spinat) und vor allem seinem Stargemüse - der Kabu-Rübe - pflanzt er auch Vertrautes wie Karotten, Kohl und Tomaten.

Wie ein Samurai vor dem Schwertkampf

Was macht sein Gemüse so besonders? Gut: Alle seine Samen sind aus Japan importiert. Das könnte doch aber heutzutage jeder machen. "Sie können es gerne probieren", sagt Yamashita und blickt einem dabei wie ein Samurai vor dem Schwertkampf scharf in die Augen. Dann lächelt er nur und meint: "Um gutes Gemüse zu machen, braucht es auch viel Erfahrung. Und es braucht noch irgendetwas. Aber was das ist, hab ich selbst noch nicht herausgefunden." Neben der Konsistenz und der Auswahl des perfekten Reifegrads sei es vor allem der lang anhaltende Geschmack, der sein Gemüse auszeichnete. "Einem Chef, der etwas kann, kommt dabei eine Fülle von Ideen", sagt er.

Tatsächlich erinnert der Biss in die frisch gezogene weiße Kabu-Rübe an eine saftige, gut gereifte Birne - ein Erlebnis. Und dass eine Karotte so intensiv schmecken und gleichzeitig derart knackig und nicht hart sein kann, verblüfft genauso.

Für die Arbeit seiner Mitbewerber hat Yamashita nicht allzu viel übrig. Von Joel Thiébault - dem unangefochtenen Star unter den Pariser Gemüsebauern - meint er, dass er viel zu groß geworden sei und längst die Kontrolle über die Qualität verloren hätte. Und zu Alain Passard, jenem Drei-Sterne-Koch (L'Arpège), der sein Gemüse nahe Paris selbst anbaut, sagt er lediglich: "Ich war bei ihm essen. An seinem Gemüse ist nichts besonders." Dass es heute bei vielen französischen und internationalen Spitzenköchen einen Trend hin zu Gemüse gibt, freut ihn aber natürlich. Dass die japanische Küche immer mehr Einfluss in Frankreichs Haute Cuisine gewinnt, ebenso.

Quasi-religiöse Aufmerksamkeit

Als die Macher des Michelin letztes Jahr Tokio zur Stadt mit den meisten Sterne-Restaurants erkoren, begründeten sie das mit der "quasi-religiösen Aufmerksamkeit", die japanische Köche ihren Produkten zukommen ließen. Das Verständnis der Franzosen für Qualitätsprodukte sei aber in den 1970er-Jahren mit der Nouvelle Cuisine entstanden, die sich - so Yamashita - schon damals an Japan orientierte.

Außer den Genannten gehören mit Pascal Barbot (Astrance, siehe unten stehendes Gericht mit marinierter Makrele und Yamashita-Rübe), Yannick Alléno (Le Meurice) und Pierre Gagnaire (Pierre Gagnaire) noch drei weitere Dreisterner zu seinen Kunden. Und mit dem jungen Koch Eiichi Edakuni (Guilo Guilo) ist auch wieder ein Japaner darunter.

Doch die beste und preiswerteste Art, Monsieur Yamashitas Gemüse auszuprobieren, ist es, zu ihm zu fahren. Auf seinem Bauernhof kann man an Wochenenden und gegen Voranmeldung um 40 Euro Gemüse und Hühner aus seinem Garten essen. Dass es sich dabei um französische Bresse-Hühner handelt, erklärt Yamashita damit, dass es "selbst in Japan keine besseren gibt". (Georg Desrues/Der Standard/rondo/02/07/2010)