Die Geschichte von Jeremy, vulgo "Jem" Welfeld, und seiner "Jem's Beer Factory" wird hier vor allem deshalb erzählt, weil Jem vormacht, wie man sich auf konservativen Biermärkten durchsetzt.

Foto: Hersteller

Jem Welfeld hat es ja selber auch gemerkt: Der durchschnittliche Gast wünscht sich ein durchschnittliches Bier. Weil er nichts Besseres kennt. Der junge Brauer reagiert auf diese einfältige Kundenerwartung gewitzt - und serviert all jenen, die einfach ein helles Bier wollen, sein Pilsner. Wahrscheinlich das hopfigste im ganzen Land.

Das Land, das ist Israel - und die Geschichte von Jeremy, vulgo "Jem" Welfeld, und seiner "Jem's Beer Factory" wird hier vor allem deshalb erzählt, weil Jem vormacht, wie man sich auf konservativen Biermärkten durchsetzt. In Israel ist die Welle der Gasthausbrauereien mit beinahe zwei Jahrzehnten Verspätung angekommen - und all die Fehler, die schon im deutschen Sprachraum gemacht wurden, sind hier getreulich wiederholt worden: Die meisten Betreiber von Gasthausbrauereien haben die Idee aus den USA übernommen, den dort üblichen Mut zur Innovation aber nicht mitimportiert. Deshalb sind die Biere von Gasthausbrauereien, die sich mehr oder weniger deutlich auf deutsche Brautraditionen berufen, auch so fade: Man braut ein Helles, ein Dunkles und allenfalls ein Weizenbier.

Begeisterung der Betreiber

Derartige Gasthausbrauereien findet man auf der ganzen Welt, in den vergangenen Monaten hat man solche Etablissements nicht nur bei uns, sondern in so unterschiedlichen Ländern wie Tschechien, Tunesien, Deutschland und eben jüngst in Israel erlebt. Das Tragische ist: Deren Biere können qualitativ selten mit den allzu gut vergleichbaren industriell hergestellten Bieren mithalten.

Brewpubs nach amerikanischem Vorbild funktionieren ganz anders: Sie leben von der Begeisterung ihrer Betreiber, radikal anders zu sein als alle kommerziellen Vergleichsprodukte. Sie folgen Qualitätsstandards - aber eben nicht jenen der Industrie und auch nicht jenen der durch Biere aus Großbrauereien abgestumpften Konsumenten. Der eingangs erwähnte Jem Welfeld hat das in seinem Geburtsland USA gelernt und setzt es nun in Israel um - während die meisten seiner Kollegen sich damit begnügen, deutsche Lagerbiere nachzubrauen. Jem braut auch welche - aber eben im Fall des Pilsners mit extremer (aber dennoch nicht aufdringlicher) Hopfenbittere. Sein Brewpub in der Nähe von Tel Aviv sieht aus, als stünde es in Kalifornien. Und seine Ales schmecken erst recht danach. Und nicht nach Gasthaus. (Conrad Seidl/Der Standard/rondo/14/10/2011)