Ein altes Wiener Wirtshaus, gerettet, rückgebaut und gekonnt bekocht.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Das Gasthaus Wolf in Wien-Wieden.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Es ist schon wieder Jahre her, dass Jürgen Wolf richtig gekocht und gezeigt hat, was in ihm steckt. Zuletzt schob er in der ORF-Radiokantine eine derart ruhige Kugel, dass die kulinarisch ohnehin hart geprüften Kollegen schon zusehends zweifelten, ob ihm Kochen überhaupt je wieder Spaß machen würde. Die Zeiten, da er im Horvath und später im Wolf (das danach zu Una und nunmehr zu Simon Hong Xies Chinabar mutierte) eine mittels klassisch französischer Technik auffrisierte Wiener Küche servierte, haben seine Fans aber nicht vergessen.

Sie dürfen sich freuen, denn Wolf ist wieder da. Knapp vor Weihnachten eröffnete er mit Wolfgang Wöhrnschimmel das Gasthaus Wolf an der Ecke Rienößlgasse / Große Neugasse. Wöhrnschimmel kennt man als einen der fähigsten und unzwidersten Kellner Wiens, zuletzt etwa half er dem arg schlingernden Service auf dem Badeschiff auf die Sprünge. Angesichts Jürgen Wolfs durchaus bärbeißigen Charmes ist das schon sehr erfreulich.

Das Wirtshaus wurde bis auf die schöne Lamperie und die prächtige Kühlung entkernt und mit atmosphärischem Antikmobiliar ausgestattet - mit dem Erfolg, dass jetzt alles so organisch gewachsen wirkt, als ob sich eh nie etwas verändert hätte. Die schönen Resopaltische und Stühle sind aus dem Pontoni, die Fifties-Lampenbatterie über der Schank stammt, ebenso wie der wilde, italienische Seventies-Luster im Extrazimmer, aus dem Bananas-Fundus in der Kettenbrückengasse.

Kleine, Haupt- und Nachspeisen

Der stilecht fotokopierte Speisezettel teilt sich, wie sich das gehört, in Kleine, Haupt- und Nachspeisen auf, wobei die erste Sektion noch in Vorspeisen, Suppen und Zwischengerichte unterteilt wird. Gabelbissen mit Räucherforelle erscheint in Form einer Schüsserl-Sulz - unten Gemüse-Mayo, darüber saftiger, durchaus kraftvoll geräucherter Fisch, ganz oben köstlicher Aspik und eine Deko, bei der der Forellenkaviar sehr, die stinkaten rohen Zwiebelringe aber gar nicht gut auffallen.

Besonders erfreulich: die Konzentration auf Innereien. Hühnerleberparfait ist von cognacwürzigem Schmelz, die frisch aufgebackene Brioche liefert die dazu nötige Siaß'n. So richtig spielt die Musi aber bei den Zwischengerichten: Wadlgulasch klassisch, Kalbsbeuschl zart, aber ohne Obers-Overkill, Blunzenteigtaschen ganz auf fein und mit apfelessigsaurem, warmem Krautsalat serviert. Die geröstete Kalbsleber mit zitronenkuchiger Polenta (Bild) ist knackig und von feinwürzigem Safterl begleitet, im Vergleich zu den 9,80 Euro für den panierten, ausgelösten Hendlhaxen samt Erdäpfelgurkensalat wirken 17,80 Euro für die Leber aber gar stolz. Ansonsten ist die Karte durchaus fair gepreist, ein bisserl was holen sich die Wirten aber bei der Weinkalkulation wieder herein. Alternative: Schremser trinken. (Severin Corti/Der Standard/rondo/03/02/2012)